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Stiftungsvorstand Von Opferzahlen Entsetzt

BR
January 9, 2016

http://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/regensburger-domspatzen-missbrauch-zwischenstand-100.html

Der langjahrige Chef der Regensburger Domspatzen, Georg Ratzinger, muss nach Uberzeugung des Opferanwalts Ulrich Weber von den zahlreichen Misshandlungsfallen bei dem Knabenchor gewusst haben. Weber sprach von 231 Vorfallen. Der Vorstand der Domspatzen reagierte besturzt.

Jeder einzelne Fall beruhre die Mitglieder des Gremiums "im Innersten" und mache sprachlos, sagte Roland Buchner, Chorleiter und Vorstand der Regensburger Domspatzen. Der Vorstand wiederholte deshalb auch "in tiefer Erschutterung und Scham" seine Entschuldigung "gegenuber allen Opfern von Missbrauchen und Misshandlungen in Einrichtungen der Domspatzen".

Lob fur den Opferanwalt

Zugleich gab es seitens des Stiftungsvorstands Lob fur Rechtsanwalt Weber. Man sei "froh und dankbar", dass er mit seiner Arbeit offenbar gut vorankomme und auch von den Opfern als Gesprachspartner akzeptiert werde. Seitens der Stiftung wolle man ihn auch kunftig in allen Belangen vorbehaltlos unterstutzen. Es sei wichtig, "dass er den eingeschlagenen Weg weiterhin unabhangig und transparent gehen" konne.

Auf die Frage, ob Ratzinger die Missstande bekannt gewesen seien, sagte der vom Bistum Regensburg als Sonderermittler eingesetzte Anwalt wortlich: "Davon muss ich ausgehen." Der 91–jahrige Georg Ratzinger ist der Bruder von Papst Benedikt. Er war 30 Jahre lang, bis 1994, Domkapellmeister und Leiter des weltberuhmten Knabenchores. Ratzinger halt sich aktuell in Rom auf und war fur eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

231 Domspatzen misshandelt

Weber hatte am Freitag in Regensburg einen Zwischenbericht zu seinen Recherchen vorgestellt. Demnach seien von 1953 bis 1992 mindestens 231 Kinder bei den Domspatzen Opfer von Gewalt geworden. Daruber hinaus hat Weber bisher 60 mutma?liche Opfer sexuellen Missbrauchs erfasst. Insgesamt werden zehn ehemalige Lehrer und Aufsichtspersonen beschuldigt, Kinder missbraucht zu haben. Die Vorwurfe gegen vier dieser mutma?lichen Tater halt Sonderermittler Weber "fur hochplausibel". Die meisten Misshandlungen seien in der fruheren Vorschule der Domspatzen in Etterzhausen und dann in Pielenhofen bei Regensburg begangen worden. "Die sexuellen Ubergriffe reichten von Streicheln bis zu Vergewaltigungen", sagte der Rechtsanwalt.

Weber geht davon aus, dass die Dunkelziffer der misshandelten Kinder noch deutlich hoher liegt. Er rechnet damit, dass etwa jeder Dritte der rund 2.100 Vorschuler zwischen 1953 bis 1992 unter korperlicher Gewalt litt, das waren bis zu 700 Opfer.

Bistum Regensburg setzt auf Gesprache

Nach Bekanntwerden der Vorfalle setzt der Sprecher des Bistums Regensburg, Clemens Neck, auf die anstehenden Gesprache mit Betroffenen und deren Vertretern. "Diese Gesprache sind sehr entscheidend", sagte Neck im Gesprach mit dem BR. Weiter wollte Neck den vorgelegten Bericht nicht kommentieren. Auch dass Georg Ratzinger von den Misshandlungen gewusst haben soll, wollte Neck zunachst nicht kommentieren. Der Bistumssprecher betonte, Anwalt Weber werde seine Arbeit als unabhangiger Sonderermittler jetzt fortsetzen. "Entscheidend ist dann der Abschlussbericht."

Bistum hatte weniger Opfer vermutet

Bisher ging das Bistum Regensburg von rund 70 Knaben aus, die in der damaligen Domspatzen-Vorschule von Betreuern massiv drangsaliert und brutal gezuchtigt worden sind. Zur Zahl der Opfer sexuellen Missbrauchs im gesamten Bistum hie? es nach kircheninternen Ermittlungen, dass seit 1945 rund 80 Kinder betroffen gewesen seien.

"Ein nicht abrei?ender Strom"

Schon seit langerem war der Zwischenbericht der Untersuchungen erwartet worden. Noch im November hatte Weber um mehr Zeit fur seine Nachforschungen gebeten. Der Anwalt sprach damals von einem "nicht abrei?enden Strom von Meldungen" und hatte weitere Betroffene aufgefordert, sich zu melden. Die hatten von Schlagen mit Fausten, Stocken und einem Schlusselbund berichtet. Das Bistum hatte daraufhin beschlossen, den Opfern ein Schmerzensgeld in Hohe von jeweils 2.500 Euro zu zahlen. Vor allem in der Vorschule der Domspatzen sollen Lehrer und der langjahrige Direktor uber Jahrzehnte Kinder misshandelt haben.

 

 

 

 

 




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