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Immer mehr Opfer melden sich

BR
January 19, 2016

http://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/domspatzen-missbrauch-opfer-100.html


"Meine Neutralität ist der Grund dafür, dass sich erneut Opfer bei mir melden. Sie haben den Eindruck, bei mir Gehör zu finden."


[An additional 60 people have come foward to say they suffered abuse at the Regensburg choir school. The lawyer conducting the investigation previously announced that 231 were victims.]

Am 8. Januar hat der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber seinen Zwischenbericht über Misshandlungen bei den Regensburger Domspatzen vorgelegt - mit dem Ergebnis, dass sich seitdem 60 weitere Opfer bei ihm gemeldet haben. Ein ehemaliger Domspatz sagt außerdem, dass viele prügelnde Lehrer NS-belastet waren.231 Fälle körperlicher Gewalt und 62 Fälle sexuellen Missbrauchs von 1953 bis 1992 nennt der mit der Klärung der Vorfälle beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber in seinem Zwischenbericht. Die meisten Misshandlungen seien in der früheren Vorschule der Domspatzen in Etterzhausen und dann in Pielenhofen bei Regensburg begangen worden. Weber geht davon aus, dass die Dunkelziffer der misshandelten Kinder noch deutlich höher liegt. Das zeigen auch die aktuellen Reaktionen auf seinen Zwischenbericht: In den vergangenen zehn Tagen haben sich 60 weitere Opfer körperlicher Gewalt gemeldet.

Ulrich Weber hat ein Kuratorium ins Leben gerufen, das diese Fälle aufarbeiten soll. Am 1. Februar trifft es sich zum ersten Mal. Neben sechs Vertretern der Opfer werden sechs Männer des Bistums und der Domspatzen in dem Kuratorium vertreten sein. Ungeachtet vereinzelter Stimmen sei laut Weber allen Beteiligten der gemeinsame Dialog ein großes Anliegen.

Ehemaliger Domspatz: Viele prügelnde Lehrer waren NS-belastet

Laut einem früheren Mitglied der Regensburger Domspatzen waren viele Lehrer bei dem weltberühmten Knabenchor nicht nur gewalttätig und sexuell übergriffig, sondern hatten auch eine NS-Vergangenheit. "Das waren ja lauter frühere SA-, SS- und NSDAP-Leute, die an einer normalen Schule nicht unterrichten durften", sagte Udo Kaiser der Berliner "tageszeitung" (taz). Es werde nichts getan, diese Verbindungen aufzuklären. Kaiser wurde nach eigenen Angaben in seiner Zeit bei den Domspatzen sexuell missbraucht; das Bistum Regensburg habe dies bis heute nicht anerkannt.

Kaiser kam im Alter von acht Jahren zu dem Chor und erlebte dort nach eigenen Worten eine "mittelalterliche Hölle". Ein Präfekt habe ihn verprügelt, während er sein "nacktes erigiertes Glied" am Hinterkopf gespürt habe. Kaiser verbrachte nach eigenen Angaben fünf Jahre in Vorschule und Gymnasium des Chors; später trat er aus der katholischen Kirche aus.

Opfer erheben öffentlich Vorwürfe gegen Ratzinger

Auch weitere Domspatzen gehen mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Alexander Propst ist einer von ihnen. Propst sagt, dass er ein Jahr lang von seinem Präfekten sexuell missbraucht worden sei. Als er seinen Eltern davon erzählte, habe ihn sein Vater von der Schule genommen. Vorher habe sein Vater aber Domkapellmeister Georg Ratzinger mit den Vorwürfen konfrontiert.

"Mein Vater hat sich den Herrn Ratzinger gegriffen, das konnte man bis auf die Straße hören. Ich musste draußen auf der Treppe warten."

Alexander Probst

Was wusste Domkapellmeister Georg Ratzinger von sexuellem Mißbrauch? Ulrich Weber hält sich bedeckt. Er verweist auf den Bericht, den er nach Abschluss seiner Tätigkeit vorlegen wird. Alexander Propst ist für ihn ein glaubwürdiges Opfer. Ihm liege die "Akte Probst" vor, der Fall habe für Weber eine hohe Plausibilität.

Vorwurf der körperlichen Gewalt

Alexander Propst wirft dem ehemaligen Domkapellmeister Georg Ratzinger auch körperliche Gewalt vor. Ein Fall ist für ihn besonders markant.

"Er hat mir ein Büschel blonder Kinderhaare einfach ausgerissen, weil ich es gewagt hatte, ein Wort im Übungsraum zu sprechen, im Dom in der geheiligten katholischen Kirche."

Alexander Probst

Ratzinger will nichts von Vorwürfen gewusst haben

Nachdem Georg Ratzinger zunächst sagte, er halte es für "Irrsinn", jede einzelne Ohrfeige zu überprüfen, ließ er über die Diözese Regensburg mitteilen, es sei richtig, alle Beschuldigungen rückhaltlos aufzuklären. Ratzinger leitete die Regensburger Domspatzen von 1964 bis 1994. Der Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. sagte, er habe von "sexuellen Missbräuchen überhaupt nichts gehört". Prügel seien damals dagegen üblich gewesen.




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