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Klage in Missbrauchsfall Kam Zu Spat

Tagblatt
February 4, 2016

http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/thurgau/kantonthurgau/tz-tg/Klage-in-Missbrauchsfall-kam-zu-spaet;art123841,4512027

Der Anwalt Philip Stolkin und sein Mandant Walter Nowak reden in Stolkins Kanzlei in Zurich uber den Fall. (Bild: Nana do Carmo)

«Wir sind sehr enttauscht», sagt Philip Stolkin. Der Zurcher Anwalt vertritt Walter Nowak bei der Klage gegen das ehemalige Kinderheim des Klosters Fischingen. Nowak beklagt, dort zwischen 1962 und 1972 korperlich und sexuell missbraucht worden zu sein. Das Bundesgericht wies die Klage wegen Verjahrung ab. Jetzt argumentiert der Europaische Gerichtshof fur Menschenrechte (EGMR) gleich. Angebliche Misshandlungen konnten nach 40 Jahren nicht mehr verfolgt werden. «Die Verjahrung ist nicht mehr als Taterschutz», sagt Stolkin.

Bei einem ahnlichen Fall gab der EGMR Louise O'Keefe im Jahr 2014 Recht. Sie war Anfang der 70er-Jahre an einer katholischen Schule von ihrem Lehrer wiederholt sexuell missbraucht worden. Im Fall seines Mandanten habe das Gericht indes «mutlos» geurteilt, sagt Stolkin. Einen Grund dafur sieht er im zunehmenden Druck, der auf Strassburg ausgeubt werde. Er kritisiert das Urteil auch, weil es sich um Taten handle, die in den Bereich der Grundrechte fielen und nicht verjahrbar seien.

«Das stimmt einfach nicht»

Zusatzlich bemangelt Stolkin «inhaltliche Fehler». Strassburg argumentiert: Weil bei Nowak bereits 1992 psychische Probleme und Ruckenschmerzen diagnostiziert wurden, hatte er fruher klagen konnen. «Das stimmt einfach nicht», sagt Stolkin. Zum damaligen Zeitpunkt habe Nowak den Grund fur seine Leiden noch nicht gekannt. Erst als er 2011 in eine andere Wohnung gezogen ist, sei die Erinnerung zuruckgekommen – neben dem Haus stand ein Kirchturm, der ahnlich aussah wie der in Fischingen.

Auf dieser Grundlage mochte Stolkin den Fall vor die Grosse Kammer des EGMR bringen. Er hat jetzt allenfalls drei Monate Zeit, um einen Antrag zu formulieren. Funf Richter werden dann beurteilen, ob sie dem Antrag stattgeben. In der Grossen Kammer wurden dann insgesamt 14 Richter das Urteil fallen. Bis es soweit ist, konnten zwei bis drei Jahre vergehen.

Klage im Thurgau

Im Thurgau ist eine Klage am Verwaltungsgericht hangig. Sie ist jedoch sistiert. Denn Stolkin und Nowak warten auf den Ausgang der Wiedergutmachungs-Initiative. Die Initiative gibt es seit 2014, als nachstes berat das Parlament daruber. Die Opfer fursorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplazierungen, also auch Heimkinder wie Walter Nowak, sollen dabei insgesamt 500 Millionen Franken erhalten. Nowak fordert 1,4 Millionen Franken Entschadigung. Bei einem durchschnittlichen Gehalt von 5800 Franken verteilt auf 20 Jahre seien sie auf diesen Betrag gekommen, sagt Stolkin. Derzeit lebt Novak von der IV-Rente. 1995 ist bei ihm offiziell die Invaliditat festgestellt worden als Folge des Missbrauchs in seiner Kindheit.

 

 

 

 

 




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