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Bistum Wurzburg: Ein Kommentar

By Ein Kommentar
Sexueller Missbrauch
March 25, 2016

http://missbrauch-im-bistum-trier.blogspot.de/2016/03/werter-bischof-ackermann-werter.html

Bischof Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz fur Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjahriger im kirchlichen Bereich!

Als sich am 29.01.2016 die Betroffene aus dem Bistum Wurzburg an mich wandte, wusste ich noch nicht, dass es sich hierbei um einen Skandal handeln sollte, der die von Ihnen versprochene „Aufklarung“ sexuellen Missbrauchs durch Angehorige der katholischen Kirche auf einzigartige Weise widerlegen wurde.

Erst im Laufe der Recherche wurde die Dimension einer absolut scheinfrommen Vorgehensweise der Katholischen Kirche offensichtlich. Kircheninterne Akten, die belegen, was die Katholische Kirche unter dem Begriff „Aufklarung“ versteht und diesen Begriff missbraucht.

Der SPIEGEL enthullt in der heutigen Ausgabe das, was dem Leser zugemutet werden kann.

Nicht nur die Brisanz der Inhalte des kircheninternen Materials, sondern auch der Umfang der Unterlagen ist bis dato einzigartig.

Erstmals ist es gelungen nachzuweisen, mit welch' zweifelhaften Methoden, auf welchen internen Wegen und uber welche klerikale Beziehungen, mit welcher Kumpanei, versucht wurde, einen des schweren sexuellen Missbrauchs beschuldigten Kleriker zu protegieren. Gleichzeitg versuchte man uber Jahre hinweg, diese Vorgehensweise der Offentlichkeit vorzuenthalten. So viel zu Ihrer versprochenen Transparenz.

Wahrend die Betroffene erneut das Gefuhl der Ohnmacht durchleben muss, erneut hilflos genau den Vertretern der Institution gegenubersteht, dessen Angehoriger sich an ihr schwer vergangen haben soll. Und dies 28 Jahre spater. - Deutschland, im Jahr 2016.

Es handelt sich hierbei um einen Fall, den es ubrigens offiziell gar nicht gibt. Bis heute – selbst mehrere Jahre nach der Anzeige der Vorwurfe im Bistum Wurzburg – bleibt der Fall offiziell unerwahnt. Selbst die seit Jahren veroffentlichten Bilanzen, die das Bistum Wurzburg bis vorgestern veroffentlichte, verschweigen diesen Vorwurf. Was wiederum ein Beleg dafur ist, wie unglaubwurdig die Statistiken sind, die die einzelnen Bistumer jahrlich veroffentlichen. - Dass selbst diese Zahlen nicht der Wahrheit entsprechen.

Bischof Ackermann! Seit Jahren bemuhen Sie sich angeblich - stellvertretend fur die Katholische Kirche in Deutschland - verzweifelt darum, Glaubhaftigkeit und Vertrauen zuruckzugewinnen, fur dessen Verlust Sie bis heute einzig und allein die Tater verantwortlich machen.

Doch waren es tatsachlich nur die Tater und ihre damaligen Verbrechen, die an uns begangen wurden, die es zur Verantwortung zu ziehen gilt? Mussen nicht auch diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die davon wussten und bis heute schweigen? Diejenigen, die ihren Bischofen in ihren Gelubden Gehorsam versprachen - einschlie?lich dem Gebot der auferlegten Schweigepflicht? Und wie sieht es mit denen aus, die offensichtlich vertuschen? Die, die alles daran setzen, dass die Offentlichkeit nichts von dem Versagen erfahrt? Wo endet die Fursorgepflicht den eigenen Priestern gegenuber? Und wo beginnt der Taterschutz und die Vertuschung?

Ich bin mir nicht sicher, ob das Bistum Wurzburg, respektive Sie, Bischof Ackermann, sich uber das Ausma? dieses Skandals bewusst sind. Daher weise ich auf folgende Punkte hin:

Ihr komplettes Konzept: „Ich bitte die Betroffenen, sich an die diozesanen Ansprechpartner Missbrauch“ zu wenden – ist offensichtlich eine unvorstellbare Tauschung gewesen.

Wie vielen Betroffenen wurde durch die Ernennung dieses Ansprechpartners der Weg verwehrt, sich an das eigene Bistum zu wenden? Schlie?lich war der Beschuldigte u.a. auch Spiritual am Kilianeum in Wurzburg und Direktor am Julianum. Die Moglichkeit, dass es weitere Betroffene geben konnte, ist in diesem Fall also recht hoch.

Sollte das Bistum Wurzburg tatsachlich nur einen Einzelfall darstellen, oder ist davon auszugehen, dass auch in anderen Bistumern Ansprechpartner eingesetzt wurden, die mit Vorwurfen sexuellen Missbrauchs konfrontiert waren bzw. wurden?

Diese zuvor gestellte Frage ist ubrigens auf jede x-beliebige Besetzung im Domkapitel ubertragbar. Sie bezieht sich also nicht nur auf Ansprechpartner, Personalverantwortlich sondern auf alle Mitglieder des Domkapitels!

In den kircheninternen Akten befindet sich u.a. ein Protokoll, aus dem hervorgeht, dass der Beschuldigte selbst das Archiv aufsuchte, um dort Hinweise zu finden, die zur Klarung der Vorwurfe gegen ihn beitragen konnten. Dieser Aussage bedarf es keiner weiteren Nachfrage. Im Gegenteil, sie ist aussagekraftig genug.

Aufgrund seiner langjahrigen Tatigkeit als Personalverantwortlicher konnte der Beschuldigte somit nicht nur seine eigene Akte von Vorwurfen „saubern“, sondern auch dafur sorgen, dass Vorwurfe gegenuber anderen Klerikern gar nicht erst dokumentiert wurden. Wie viele Opfer wurden dadurch nicht ernstgenommen? Die Aussage wie vieler Betroffener wurden durch die Position des Beschuldigten gar nicht erst weiterverfolgt?

Bis heute darf der Beschuldigte ohne jegliche Konsequenzen durchgehend weiter Messen zelebrieren. Selbst als der derzeitig unabhangige Ansprechpartner des Bistums Wurzburg, Prof. Dr. Laubenthal, zu dem Ergebnis kommt, "dass tat­sach­li­che An­halts­punk­te fur den Ver­dacht ei­nes se­xu­el­len Miss­brauchs an ei­ner min­der­jah­ri­gen Per­son" durch den Beschuldigten und "so­mit wahr­schein­lich eine Straf­tat im Sin­ne des Kir­chen­rechts" vorliege, fuhrte dieses Ergebnis zu keinerlei Sanktionen (Beurlaubung etc.), die man hatte bis zum Abschluss der kirchenrechtlichen Voruntersuchung anwenden konnen. - Wenn man es denn gewollt hatte.

Welchen Einfluss hatte der Beschuldigte als Ansprechpartner Missbrauch auf die Praventionsarbeit in den Jahren 2002 bis 2010? In wieweit pragte der Beschuldigte selbst die Praventionsarbeit der Katholischen Kirche mit? – Konnte man hierdurch nicht auch Ihr „Prestigeobjekt“ Pravention insgesamt in Frage stellen?

Wie wollen Sie der Offentlichkeit glaubhaft versichern, dass es gegen den Beschuldigten nicht schon vorher Vorwurfe gab, die allerdings – aufgrund der Position des Beschuldigten – intern erst gar nicht kommuniziert wurden?

Welches Amt eines Klerikers in Deutschland wurde noch nicht mit Vorwurfen sexuellen Missbrauchs begleitet? Vom Kaplan bis zu einem ehemaligen Bischof. Als ware dies schon nicht genug, liegt der Skandal jetzt u.a. darin, dass es sich hierbei um den ehemaligen Ansprechpartner des Bistums Wurzburg selber handelt, gegen den Vorwurfe erhoben werden. Sprich: Ausgerechnet an ihn sollten sich Betroffene wenden! Nahezu uber die Dauer von einem ganzen Jahrzehnt! Und das in der Phase, in der es schon langst nicht mehr um Einzelfalle ging. In der Phase, in denen uns die USA und Irland bereits signalisierten, was auf uns zukommen wird.

Werter Bischof Ackermann,

merken Sie etwas? Nein, Sie konnen nicht mehr alles auf Ihre Vorganger abwalzen. Und horen Sie endlich auf, standig ihren Fingerzeig auf andere Institutionen, auf familaren Missbrauch, auf die gesamtgesellschaftliche Situation und auf andere Lander und Insegruppen zu richten. Inzwischen tragen Sie die Verantwortung!

Sie beteuern bis heute: „Das Opfer solle im Mittelpunkt stehen.“

Die Wahrheit ist jedoch eine andere: Das Einzige, was in diesem Fall im Mittelpunkt steht, erstmals in diesem Ausma? belegt werden konnte und an die Offentlichkeit gelangt, ist der gnadenlose Umgang der Kirche mit den Opfern. Die "Achtsamkeit" der Kirche liegt einzig und allein auf dem mutma?lichen Tater. Alles wird daran gesetzt , einen Beschuldigten zu schutzen. Nichts wird dazu ausgelassen. – Vor allem: keine personliche Beziehungen der Klerikalen untereinander.

Zwei Tage zuvor besitzen Sie, Bischof Ackermann, die Dreistigkeit, dem Tagespiegel ein Interview zu geben, in dem Sie Behauptungen aufstellen und Begrifflichkeiten wie z.B. „Opferorientiertheit“ erwahnen. Ein Auftreten, welches an Scheinheiligkeit kaum zu uberbieten ist! So behaupten Sie u.a. tatsachlich:

„Glaubwurdigkeit zu sein, ist eine Frage des Handelns“.

Werter Bischof Ackermann, wann und wo wird denn gehandelt?

War es bisher nicht so, dass Sie immer erst dann re-agierten, als sich die Betroffenen selbst bzw. mit unserer Hilfe an die Medien wandten und Sie dadurch gezwungen wurden, offentlich Stellung zu beziehen? Was hat sich denn bis heute daran geandert?

Mit welcher Frechheit behaupten Sie au?erdem: „Klar haben auch wir Mitarbeiterverzeichnisse. Da steht drin, wenn jemand beurlaubt ist oder „in Ruhe“. Aber naturlich lasst sich nicht jede Beurlaubung oder jeder Ruhestand mit einem Hinweis auf sexuellen Missbrauch gleichsetzen.“?

Solche Aussagen sind weitaus mehr eine unverhohlene Luge Ihrerseits, wenn man Kenntnis daruber hat, wie Sie in Ihrem eigenen Bistum mit auffallig gewordenen Priestern umgehen. Nicht nur bis 2012, sondern nachweislich auch heute noch. Sie erwahnen explizit, dass die Begrifflichkeit „in den Ruhestand versetzen nicht mit einem Hinweis auf sexuellen Missbrauch gleichzusetzen sei.“ – Dies ware wunschenswert. Absurderweise fuhrte aber genau diese Formulierung zu einem aktuellen Fall, mit dem Sie demnachst konfrontiert werden. Erneut der Vowurf, dass ein Priester, der des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wird, weiterhin im Bistum Trier eingesetzt wird.



Was wurden Sie denn – wenn Sie auch nur einmal sich selbst gegenuber ehrlich waren – auf die einfache Frage antworten: „Konnen Sie heute ausschlie?en, dass derzeit weiter Priester im Einsatz sind, die mit Vorwurfen sexuellen Missbrauchs konfrontiert wurden“?

Ich kann diese Frage mit einem einfachen „Nein!“ beantworten. Und diese Antwort kann ich auch belegen.

Nein, Bischof Ackermann, es liegt nicht mehr in der Verantwortung Ihrer Vorganger. Es liegt inzwischen einzig und allein in Ihrer Verantwortung. Es liegt in Ihrer Verantwortung, dass weiterhin des sexuellen Missbrauchs beschuldigte Kleriker weiterhin im Einsatz sind. Bis heute. Mitten unter uns. Nicht nur in Wurzburg. Auch in Ihrem eigenen Bistum.

Lapidar reden Sie von „diesem abgrundigen Thema“.

Bischof Ackermann! Bis heute konnen Sie niemandem glaubhaft versichern, dass Sie sich tatsachlich – entgegen alle Ihren Versprechungen – genau diesem Abgrund stellen wollen. Konnen Sie nicht in diesen Abgrund sehen, weil Sie sich selbst darin wiederfinden?

In dem gestern veroffentlichen Interview lautet Ihre Antwort auf die Frage, viele Tater aus ihren Amtern entlassen wurden: „Da bin ich uberfragt.“ – Ist diese Antwort inzwischen nicht auch bezeichnend fur Ihr Amt geworden?

Sie reden weiterhin von Glaubwurdigkeit, wahrend sich – inzwischen nicht nur die Betroffenen – fragen: Uber welche Glaubwurdigkeit meinen Sie denn uberhaupt noch zu verfugen?

Nein, werter Herr Bischof Ackermann, so kann keine Aufklarung stattfinden. Geschweige denn Pravention. Werfen Sie einen Ruckblick auf Ihre eigene Chronologie. Schauen Sie sich das an, was Sie uns und unseren Angehorigen damals alles versprachen.

Und schauen Sie sich den Trummerhaufen an, den einzig und alleine Sie zu verantworten haben.

Frohe Ostern!

Claudia Adams

 

 

 

 

 




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