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Missbrauch in Der Kirche: Ein Verdacht Fur Immer Und Ewig

By Katja Auer
Sueddeutsche
April 4, 2016

http://www.sueddeutsche.de/bayern/wuerzburg-missbrauch-in-der-kirche-ein-verdacht-fuer-immer-und-ewig-1.2930049

Die Wurzburger Justiz ermittelt gegen einen Pfarrer, der vor Jahren eine Jugendliche missbraucht haben soll.

Der Beschuldigte bestreitet der Vorwurfe der inzwischen 44-Jahrigen Frau.

Zu einem Prozess wird es aber moglicherweise nie kommen - die Verjahrungsfrist ist verstrichen.

Von Katja Auer, Wurzburg

Es gibt nur zwei Leute, die genau wissen, was damals im Spatsommer 1988 im Exerzitienhaus Himmelspforten wirklich passiert ist. Deren Versionen sind aber ganzlich unterschiedlich. Eine Frau, heute 44 Jahre alt, wirft einem Geistlichen vor, er habe sie damals zum Oralsex gezwungen. Der Priester bestreitet das.

Wer recht hat, wird moglicherweise nie geklart, denn einen Prozess wird es wahrscheinlich nicht geben. Zu lange ist alles her, strafrechtlich ist womoglich alles verjahrt. Das pruft die Staatsanwaltschaft Wurzburg gerade, sie hat Ermittlungen eingeleitet. Ein paar Wochen werden die zunachst dauern. 1988 betrug die Verjahrungsfrist fur Sexualdelikte 20 Jahre vom 18. Geburtstag des Opfers an, es kann also gut sein, dass gar nichts passiert.

Streitgesprach "Wir hadern mit der Kirche wie mit einem bockigen Onkel". Unsere Autorin konnte sich vorstellen, aus der Kirche auszutreten - als katholisches Pastoralreferenten-Kind. Im Streitgesprach mit dem Vater wird klar: So weit auseinander liegen sie gar nicht.

Die mutma?lich missbrauchte Frau wird dann nie die Genugtuung erfahren, dass ihr Peiniger von einem Richter bestraft wird, wenn er ihr etwas angetan hat. Und der beschuldigte Mann wird sich nie offiziell entlasten konnen, wenn er tatsachlich nichts getan hat. Ein strafrechtliches Vakuum nennt das der Kriminologe Klaus Laubenthal und fordert, die Verjahrungsfrist fur Sexualdelikte abzuschaffen. Schlie?lich sei langst bekannt, dass Opfer oft erst Jahrzehnte spater daruber sprechen konnten, was ihnen widerfahren ist.

Laubenthal ist Strafrechtsprofessor an der Uni Wurzburg und Missbrauchsbeauftragter der Diozese. Ihm hat sich die Frau offenbart, er halt es fur plausibel, dass sie vor 28 Jahren missbraucht wurde. "Es passt raumlich, es passt zeitlich, es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit", sagt er. Genau das meldete er dem Bischof und empfahl eine kirchenrechtliche Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft mussten der Bischof oder sein Stellvertreter einschalten, so sehen es die Leitlinien fur den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjahriger der Deutschen Bischofskonferenz vor. Allerdings tat das niemand, die Staatsanwaltschaft habe erst aus den Medien von den Vorwurfen erfahren, sagt ein Sprecher am Freitag.

Im Herbst 2012 soll Bischof Friedhelm Hofmann zum ersten Mal von dem Fall gehort haben, mehr als ein Jahr spater wurde der Missbrauchsbeauftragte mit der Angelegenheit befasst. Eine innerkirchliche Untersuchung in Munchen kam zu einem anderen Schluss als Laubenthal, ein beauftragter Gutachter schloss zwar nicht aus, dass es einen Missbrauch gegeben habe, beurteilte es aber als unwahrscheinlich. Mit Empfehlung der Glaubenskongregation aus Rom wurde das Verfahren daraufhin eingestellt, die Staatsanwaltschaft gar nicht erst informiert. Offenbar auch deshalb, weil der Generalvikar und der Beschuldigte selbst davon ausgingen, dass die Vorwurfe verjahrt seien. Das klingt freilich zumindest kurios, dass die Meinung des Beschuldigten dabei offenbar gefragt war, am Sachverhalt andert es nichts. Den damaligen Generalvikar kann man nicht mehr fragen, wie es war. Karl Hillenbrand starb im November 2014.

Der Bischof betont, dass er dem Priester glaube

Das Bistum Wurzburg hat eine lange Stellungnahme abgegeben und darin bestritten, dass dem beschuldigten Priester Vorteile gewahrt wurden, wie es in einem Medienbericht hei?t. Er habe nicht in Akten zu seinem Fall stobern durfen, vielmehr habe er "im Ubereifer bei der Aufklarung helfen zu wollen" selbst Unterlagen herausgesucht, teilte die Diozese mit.

Das kann man plausibel finden oder auch nicht, es gibt Anhaltspunkte fur diese wie fur jene Variante. Nur kein offizielles Verfahren, das alles aufklaren konnte. Und so wirft die 44-Jahrige dem Geistlichen weiterhin offentlich Missbrauch vor, und der lasst dies bestreiten. Der Bischof betont, dass er dem Mann glaube und ihm voll vertraue. Der Missbrauchsbeauftragte Laubenthal halt die Vorwurfe weiter fur plausibel. Gerade geht er Hinweisen auf ein zweites mogliches Opfer nach.

 

 

 

 

 




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