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Verharmlosung Und Vertuschung

Main Post
April 4, 2016

http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Detektive-Kindesmissbrauch-Pfarrer-und-Pastoren;art742,9175715

Uschi Schafer hatte ohne Zureden von Roland Breitenbach niemals einen Beitrag in diesem Buch uber Kindermissbrauchsfalle von katholischen Priestern geschrieben. Zwei der darin angeklagten Pfarrer mussten nun die Konsequenzen tragen. Foto: Hannes Helferich

Das Thema sexueller Missbrauch durch Pfarrer wird die katholische Kirche nicht los. Aktuell hat eine 44-Jahrige schwere Vorwurfe gegen einen Geistlichen der Diozese Wurzburg erhoben, der sie vor 28 Jahren sexuell missbraucht haben soll (wir berichteten).

Erschutternde Berichte uber den Missbrauch von Kindern und Jugendliche durch katholische Pfarrer hat Johannes Heibel in seinem Buch „Der Pfarrer und die Detektive“ beschrieben.

Im Mittelpunkt stehen dabei – wie ebenfalls berichtet – zwei Falle, die mit unserer Region zu tun haben, einer sogar indirekt mit Schweinfurt. Das Buch ist im Mai 2014 erschienen. Beide Missbrauchspfarrer waren da noch im Amt. Sie sind es jetzt nicht mehr. Den heute 76-jahrigen W., der lange Zeit als Pfarrer in der Diozese Wurzburg wirkte, hat Papst Franziskus im Juli 2015 seiner priesterlichen Rechte und Pflichten enthoben. Er ist also kein Priester mehr.

Im Fall zwei mit Schweinfurt-Bezug wurde Pfarrer K. im zuruckliegenden Jahr vom Landgericht Krefeld wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen zu sechs Jahren Gefangnis verurteilt. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat die von K. beantragte Revision mittlerweile zuruckgewiesen.

Die Buchveroffentlichung uber die Taten der Padophilen-Pfarrer hat nach Uberzeugung von Pfarrer Roland Breitenbach zur Suspendierung und Verurteilung beigetragen. Er sei daruber erleichtert, sagt aber im gleichen Atemzug: „Das kommt leider auch zu spat“. Bei dem Gesprach mit der Redaktion sitzt die in Sudafrika lebende Schweinfurterin Uschi Schafer mit am Pfarrheim-Tisch von St. Michael.

In einem Kapitel im Heibel-Buch hatte sie den von K. auch in Sudafrika begangenen vielfachen Missbrauch an Kindern geschildert. Breitenbach hatte sie damals ausdrucklich zur Fortsetzung ihrer Aufklarungsarbeit animiert. „Ich habe sie gestutzt“, sagt Breitenbach heute. „Den Roland“ hat Uschi Schafer seit seinem schweren Radunfall nicht mehr gesehen. Bei der herzlichen Begegnung vor wenigen Tagen druckte sie ihre Freude daruber aus, dass es „Dir wieder so gut geht“. Thema ist naturlich auch der Missbrauchsfall.

Die Theologin aus der Schweinfurter Brauerei-Familie Enthammer lebt mit Familie seit uber zwei Jahrzehnten in Johannesburg. K. war nach Missbrauchsvorwurfen in Deutschland 2006 in Sudafrika gelandet. Als ihr sexuelle Ubergriffe von K. an Kindern auch in ihrer Gemeinde bekannt wurden, betrieb Schafer unablassig Aufklarung. Sie zeigte die Vorfalle der Diozese in Johannesburg und beim Katholischen Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (KAS) an, stie? aber auf unerwarteten Widerstand. Im Buch spricht sie von „systematischen Boykott“.

Zur ihrem Erstaunen reagierten auch Eltern missbrauchter Kinder mit „Ausgrenzung und qualendem Schweigen“. In dieser Phase „schwerer Verunsicherung“ rief sie bei Breitenbach in Schweinfurt an. Der habe ihr „energisch zum sofortigen Handeln“ geraten. „Das war enorm wichtig“, sagt sie. Schafer machte weiter, vor allem, als ihr nach dem Kontakt zu einem der am schwersten missbrauchten Jungen „der Ernst der Lage in seiner ganzen Dimension bewusst wurde“. Der Verdacht gegen K. erhartete sich, K. wurde tatsachlich nach Deutschland uberstellt.

Naturlich sei sie uber das Urteil froh, sagt Schafer. K. sei aber einzig fur die Falle in Deutschland schuldig gesprochen worden, nicht fur die Ubergriffe in Sudafrika. „Das ist der Wermutstropfen.“ Den Opfern in Deutschland sei so zumindest strafrechtlich Gerechtigkeit widerfahren, nicht aber den Kindern in Sudafrika. „Betroffene Eltern sind sehr unglucklich“, sagt sie.

Die Kirche bleibe insgesamt mitverantwortlich, weil sie „mit ihren Strukturen dafur gesorgt hat“, sagt Schafer. Und Breitenbach furchtet, dass es mit der Verharmlosung und Vertuschung weitergeht. Im den beiden Fallen fehlte es „doch am so dringend notigen sofortigen Handeln". Das werde sich wiederholen.

Heibel sieht das genauso: „Fur die Opfer in Sudafrika ist das alles andere als okay“. Und: „Auch W. hatte schon viel fruher aus dem Klerikerstand entfernt werden mussen“, sagt der Sozialpadagoge, der auch Vorsitzender der bundesweit aktiven „Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch“ ist.

W. wurde 1986 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Geldstrafe verurteilt. Er horte nicht auf, wurde nach seiner Versetzung aus Wurzburg in zwei weiteren Bistumern wieder straffallig. Vom Landgericht Coburg erhielt er 2000 sogar eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewahrung.

Im April 2002 wurde W. vom damaligen Bischof Paul-Werner Scheele in den Ruhestand versetzt. Als 2009 bekannt wurde, dass er Opferfamilien aus dem Coburger Fall mit Hilfe von Detektiven (daher der Buchtitel) dazu bewegen wollte, ihre Aussagen zu widerrufen, wurde er 2009 von Bischof Friedhelm Hofmann suspendiert. Das hindert W. aber nicht, sich weiterhin auch offentlich als Opfer darzustellen.

 

 

 

 

 




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