BishopAccountability.org
 
 

Die Mauern Des Schweigens Aufbrechen

By Evelin Frerk
hpd
April 8, 2016

http://hpd.de/artikel/mauern-des-schweigens-aufbrechen-12950?nopaging=1

Peter Wensierski

BERLIN. (hpd) "Null-Toleranz" gegenuber sexuellen Missbrauch im Raum der Kirchen, auch der weltweit agierenden katholischen Kirche, ist das formulierte Ziel von Peter Wensierski. Mit seiner journalistischen Arbeit setzt er dazu in Deutschland seinen Fu?abdruck. Seine Beitrage leistet er selbstverstandlich und ohne jeden Wirbel. Der Umfang ist beeindruckend.

Die Besonderheit seiner Arbeit ist hier referiert anhand der Anzeige von Alexandra Wolf: Am 26. Marz 2016 macht der Spiegel die Anzeige ihres Missbrauchs erstmals offentlich. Zugrunde liegt die Recherche von Peter Wensierski. Die ging an den Behorden nicht vorbei, die Staatsanwaltschaft Wurzburg nahm am erst moglichen Arbeitstag nach der Veroffentlichung ihre Ermittlungen auf.

In dem Missbrauchsvorwurf gegen den von 2002 bis 2010 im Bistum Wurzburg eingesetzten Missbrauchsbeauftragten hatte zuvor die Katholische Kirche ihre Akten geschlossen. Das Signal dazu kam aus Rom von der Kongregation fur die Glaubenslehre am 12. Dezember 2015 mit der Begrundung: "Der Missbrauch konne nicht bewiesen werden."

Die Parallele zeigt der Film "Spotlight". Er lauft aktuell in unseren Kinos und zeigt wie in Boston/USA, die Journalisten des Boston Globe, Matt Caroll, Sacha Pfeiffer, Michael Rezendez und Walter V. Robinson einen Missbrauchsskandal der Katholischen Kirche aufgedeckt haben.

Gegen mehr als 400 Geistliche war in Folge dessen wegen sexueller Gewalt und Missbrauch staatsanwaltschaftlich Anklagen erhoben worden, die gro?tenteils zu Verurteilungen und Haftstrafen fuhrten. Der Erzbischof von Boston, Kardinal Bernhard Law, entkam dem Staatsanwalt durch Flucht und lebt seither geschutzt im Vatikan.

Die investigative Recherche der "Spotlight"-Redaktion begann 2001, wurde 2002 veroffentlicht und ist die Vorlage zum Film "Spotlight" geworden. Der Initiator dazu war Marty Baron, der neue Chefredakteur vom Boston Globe. Er kam mit "frischer Perspektive aus Florida," dem US-Bundesstaat, mit hervorragenden Gesetzen zur offentlichen Akteneinsicht.

Missbrauch durch Geweihte und ihre Vertuschung wurde in Boston schon 2012 aufgedeckt. Wurzburg ist jetzt im Fokus. In beiden Diozesen zeigten Opfer ihren Missbrauch der kirchlichen Institution an. Die Anzeigen blieben geheim in deren Schubladen und Schreibtischen stecken. In Wurzburg fand die Anzeige am 12. Dezember 2015 mit dem Schreiben der Kongregation fur die Glaubenslehre aus Rom ihren Abschluss.

Peter Wensierski begann mit seinen Recherchen uber Missbrauch durch Geistliche Jahre zuvor. Seit 1993 arbeitet der Journalist, Autor und Filmemacher fur den Spiegel. In Wurzburg ist ihm in den vergangenen Wintermonaten eine Recherche gelungen, die am 26. Marz 2016 mit dem Titel "So ein bisserl liebevoll" im Spiegel veroffentlicht wurde und die Staatsanwaltschaft veranlasste, Ermittlung aufzunehmen. Denn Missbrauch unterliegt dem deutschen Strafrecht und ist nicht von einer Institution mit Vergunstigungen ihrer Mitglieder "nebenbei" und unter Ausschluss der Offentlichkeit in Kirchengerichtsverfahren abzuwickeln.

So ist der Vorgang, der, wenn es im Sinne der Kirche geblieben ware, keine Zukunft haben sollte, offentlich geworden und hat einen unvorhersehbaren Verlauf genommen. Das Bistum Wurzburg blieb bei seiner Verteidigungsposition, wies am 27. Marz 2016 die Verdachtsmomente gegen den Geistlichen als mutma?lichen Tater zuruck. Fur das Opfer, das bei einem Missbrauchsverdacht im Mittelpunkt steht, so proklamiert es die Kirche, fand das Bistum weiterhin kein Wort. Am 30. Marz 2016 spricht die Frau. Sie beklagt dem Bayerischen Rundfunk gegenuber die Vertuschung der Kirche als einen zweiten Missbrauch.

Die "Spotlight"-Arbeit - Der Journalist Peter Wensierski:

Das wichtigste ist fur Opfer nicht unbedingt eine Entschadigung. Auch wenn sie sich nach Jahren des Schweigens zum Sprechen entscheiden, mochten sie, dass uber ihr Schicksal berichtet wird und wenden sich an Journalisten. Opfer entscheiden sich haufig dafur, mit ihrem eigenen Namen zu berichten. Sie wollen uber den Missbrauch sprechen und dass die Offentlichkeit sich damit auseinandersetzt. So ein erster Konatakt kann der Beginn einer Recherche werden. Im Rahmen seiner Arbeit sei ihm klar geworden, so Wensierski, in der katholischen Kirche reiht sich ein Missbrauchsvorwurf und –fall an den anderen.

Bei der Missbrauchs-Anzeige in Wurzburg ist es ihm gelungen, Einblick in die internen Akten eines Kirchengerichtsverfahrens mit Vernehmungsprotokollen und Briefwechseln etc. zu bekommen. Mehr als 1.000 Seiten liegen vor. Er sei erschrocken uber die Datenmenge gewesen, die die Kirche uber das Opfer zusammengetragen hatte. Dabei waren auch medizinische Daten, Blutbild und Zeugnisse. Es ging wohl darum, alles uber dieses Opfer zu erfahren. Das ist zum Teil mit dem Einverstandnis des Opfers geschehen, das im guten Glauben dachte, damit dem Verfahren zu dienen.

Wensierski dazu: "Ich halte das fur nicht in Ordnung, so mit einem Opfer umzugehen. Es ist erschutternd zu sehen, wie die katholische Kirche nach sechs Jahren Missbrauchs-Debatte immer noch am Anfang steht. Die katholische Kirche will offenbar nicht begreifen, wie es einem Opfer geht, das seinen sexuellen Missbrauch anzeigt, auch wenn eine lange Zeit zuvor vergangen ist. Aus seiner Sicht gibt viele Grunde, eine Anzeige aufzuschieben, z. B. weil einem nicht geglaubt wird, weil niemand glauben will, weil man mit einer Anzeige Au?enseiter werden konnte, weil die Familie katholisch ist oder der Tater aus dem Umfeld kommt.

Einen Fall, der 20 oder 30 Jahre spater angezeigt wird, muss man genau so ernst nehmen, als ware die Tat in der vergangenen Woche passiert. Man muss versuchen, aufzuklaren und wenn das nach so vielen Jahren nicht geht, dann muss die katholische Kirche das tun, was sie versprochen hat: In erster Linie zu helfen, das Leid des Opfers zu mindern.

Bei diesem Fall in Wurzburg ist von Seiten der Kirche alles getan worden, den Tater zu entlasten, fur das Opfer hingegen wenig, eigentlich nichts, das ist aus den Akten zu erfahren. Dabei konnte es einfach sein, Opfer und Betroffene Hilfe und Trost. Aber das Gegenteil geschieht. Siehe Spiegel.de/video

Der Fall

Zuruck zum Jahr 1988. Mutma?licher Tatort ist das Besprechungszimmer im Exerzitienhaus Himmelspforten, Wurzburg. Es ist der spatere Treffpunkt der Deutschen Bischofskonferenz, an dem u. a. die "Leitlinien zur Bewaltigung von sexuellen Missbrauch" entstanden sind.

Sie sei zum Oralverkehr gezwungen worden, sagt die damals 17jahrige Tochter eines kunftigen Diakons, der mit seiner Familie an diesem Tag in das Exerzitienhaus eingeladen worden war. Katholisch sozialisiert schweigt sie uber das Geschehen. Ihre Eltern sind beide dem Glauben verbunden, sie bemerken eine Verhaltensanderung an ihrer Tochter. 2012 erfahren die Eltern den Hintergrund und den Namen des allseits wohlbekannten Priesters. Die Mutter ergreift die Initiative und informiert per Telefon das Buro des Wurzburger Bischofs, Friedhelm Hofmann, zeigt den Missbrauch der minderjahrigen Tochter an.

Gutglaubig erwartet die Familie, das Wort des Bischofs Hofmann werde sich mit Taten fullen, eine Untersuchung eingeleitet. Hatte er doch allgemein zum Missbrauch gesagt, man werde auf Betroffene zugehen: "Wir brauchen den Kontakt zu den Opfern, die im Mittelpunkt stehen."

Trotz Verdacht auf Straftat, die Kirche bleibt intern

Gegenuber dem Opfer Alexandra Wolf und ihren Eltern geschieht erst einmal nichts. Ende 2013 fragt sie im Buro des Erzbischofs nach und mahnt die versprochene Aufklarung an. Ihre Anzeige ware personlich zu stellen gewesen, damit meldet sich der damals amtierende Generalvikar Dr. Karl Hillenbrand bei dem Opfer zuruck. Am 9. Januar 2014 gab dann Alexandra Wolf ihre Vorwurfe personlich zu Protokoll.

2010 hatte es in der Diozese Wurzburg eine Personal-Anderung gegeben. Prof. Dr. Klaus Laubenthal, Jurist und Lehrstuhlinhaber fur Kriminologie und Strafrecht an der Universitat Wurzburg, wurde zum Missbrauchsbeauftragten berufen.

Ihm gegenuber beschuldigt Alexandra Wolf den damaligen Personalreferenten und spateren Missbrauchsbeauftragten (2002 – 2010) des Bistums Wurzburg als Tater. Sie habe fruher Anzeige erstatten wollen. Eine Hurde aber sei fur sie nicht zu uberwinden gewesen: Der Tater und der Missbrauchsbeauftragte der Diozese waren ein und dieselbe Person.

Laubenthal erfahrt erstmals an diesem Tag, dass der Missbrauchsvorwurf seinen Vorganger belastet. Er sucht das Gesprach mit dem Beschuldigten. "Ja", sagt dieser, als Ort kame wohl Himmelspforten in Frage. Dort sei er unublicherweise mit der damals Minderjahrigen alleine in einem Raum gewesen.

Weiter geht es hier jetzt mit einem Zitat aus dem Spiegel: "Laubenthal fragte nach, ob das Madchen in dem Raum eine Hose getragen habe. Nach uber zwei Jahrzehnten antwortete der Priester: "Nein, etwas Kurzeres. Ich meine, ein gelbes Kleid." Zu einem sexuellen Ubergriff gefragt, sagt er: "Nein."

Laubenthal begann, so Wensierski im Spiegel weiter, "... die Plausibilitat ihrer Vorwurfe (Alexandra Wolf – Anmerkung hpd) zu uberprufen. Zwei Monate spater stand fur ihn, Laubenthal, fest, dass tatsachliche Anhaltspunkte fur den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs an einer minderjahrigen Person durch Herrn Dr. Friedrich Stein vorliegen", somit bestehe wahrscheinlich eine Straftat und die Staatsanwaltschaft sei einzuschalten.

"Der Missbrauch konnte nicht bewiesen werden" - Kirchengerichtsverfahren unter Ausschluss der Offentlichkeit:

Trotz der Einschatzung des Missbrauchsbeauftragten Prof. Dr. Klaus Laubenthal gab es keine Vorstellung des Falls bei der Staatsanwaltschaft. Die leitenden Kirchenmanner starkten sich hier gegenseitig den Rucken, man "vertraue sich voll", so hie? es. Einbezogen in die Runde war der Bischof Hoffmann, ebenso der Generalvikar Hillenbrand. Man handigte dem Beschuldigten sogar Akten zum Fall aus und gewahrte ihm dadurch Einflussnahme auf den "Umgang mit dem (eigenen) Fall". Obendrein nahm der mutma?liche Tater teil an der Entscheidung, den Staatsanwalt nicht einzuschalten. Man entschied sich fur die Weitergabe an das Kirchengericht Munchen.

Damit landete wie viele andere Missbrauchs-Anzeigen auch dieser in der "katholischen Paralleljustiz". Von Wensierski recherchiert, im Spiegel zu lesen: 22 Kirchengerichte arbeiten in Deutschland unter Ausschluss der Offentlichkeit. Staatliche Gerichte konnen deren Arbeit nicht uberprufen, Akten und Beschlusse bleiben kirchenintern. "Der Missbrauch konnte nicht bewiesen werden", kam von dort der Schlusspunkt. Von diesem Zeitpunkt an nahm die Anzeige des Missbrauchs seinen au?ergewohnlichen Verlauf.

Die kompletten Unterlagen des Munchner Kirchenrechtsverfahren einschlie?lich der Vernehmungsprotokolle des Beschuldigten und der Zeugen sowie der ausfuhrliche Bericht der Voruntersuchung kamen in die Hande des Journalisten Wensierski. Dieser nahm die Recherche auf und stellt fest:

Das Opfer hatte einem aussagepsychologischen Gutachten unter der Bedingung zugestimmt, bei ihrer Untersuchung moge auf das Beisein des Verfahrensleitenden Kirchengerichts-Vorsitzenden verzichtet werden. Ihrem Wunsch wurde nicht stattgegeben. Professor Dr. Norbert Nedopil, Munchen, wurde beauftragt, ein Gutachten uber das Opfer nach Aktenlage zu erstellen. Anders bei dem Tatverdachtigen, von ihm wurde kein aussagepsychologisches Gutachten bzw. Profil erstellt.

Als Opfer steht Alexandra Wolf mit vollen Namen in der Offentlichkeit, wahrenddessen der Beschuldigte im Taterschutz der Offentlichkeit gegenuber anonymisiert bleibt, als vermutlicher Tater, Beschuldigter, hoher Geistlicher, Priester, Kleriker etc.

Das Bistum fuhrt uber den Missbrauchsvorwurf eine Chronoloigie.

Im Fokus – die Institution Katholische Kirche

Die Katholische Kirche ist eine geschlossene Gesellschaft. An ihrer Spitze steht der Pabst, man kann auch sagen, der "Papst hat das Heft in der Hand", (Spiegel, Schwarz / Wensierski 24.06.2002). Die Priester-Weihe ist die Aufnahme in den Klerus, die Inkardination. Von diesem Moment an handeln Geweihte fur die Kirche im Namen Christi. Damit sind die in eine Sphare paralell der burgerlichen Rechte gehoben. Auch ist ein Rechtsverhaltnis durch die Inkardination entstanden, das den Geweihten Schutz und Beschaftigung bei der Kirche sichert. In den USA genie?t ein Mitglied der Kirche keinen besonderen Schutz. Wird eine Straftat bekannt, schaltet sich dort die Staatsanwaltschaft ein. In Deutschland gibt es eine besondere Linie:

Hier hat sich die katholische Kirchen selber eine "Kompetenz-Kompetenz"

zugesprochen, mit der sie daruber entscheidet, woruber sie entscheidet. Fur die Offentlichkeit unubersehbar wurde dieses mit dem 24-Stunden-Ultimatum, mit dem Erzbischof Robert Zollitsch der damaligen Justizministerin Leutheusser–Schnarrenberger die Rucknahme ihrer Au?erung abforderte: Die katholische Kirche wurde sich nicht mit besonderer Beteiligung an der Aufklarung des Missbrauchs-Skandals auszeichnen. Zollitsch zog sich auf die Anweisung des damaligen Vorsitzenden der Glaubenskongration, Kardinal Josef Ratzinger aus dem Jahr 2001 zuruck. Ihm, Ratzinger, seien alle Falle "sundig" gewordener Priester zuzustellen.

Tritt der Fall ein, dass ein Geweihter ‚sundig’ geworden ist, steht die Institution einer schwierigen Aufgabe und der Entscheidung gegenuber,;wie wirkt sich sein Vergehen auf die geschlossene Gemeinschaft der katholischen Kirche aus? Die Frage hat die Institution getroffen. Offenheit wird proklamiert, umgesetzt ist diese Forderung nicht.

In Deutschland sind diskrete Beseitigungen von Tatvorwurfen, manchmal auch misslungene Versuche bekannt geworden. Missbrauchsbeauftragte verhandeln direkt mit Opfern. Gegen eine Zahlung von ˆ 3.000, ˆ 5.000, 9.000 auch von ˆ 25.000 bestatigen Opfer ihr Schweigen per Unterschrift. Offentlichkeit und Staatsanwaltschaft werden rausgelassen. Das Gesetz des Schweigens funktioniert in Deutschland zumeist, wenn auch nicht immer und gilt vorrangig fur die sogenannten "verjahrten" Falle.

Einem Druck konnte sich die Kirche in Deutschland nicht entziehen. Sie reagierte mit einer Einigung, nicht verjahrte Tatvorwurfe der Staatsanwaltschaft zu ubergeben. Das konnte zur Anerkennung der Opfer fuhren, hat aber einen Haken: Der Beklagte kann sich mit seiner Einrede zur Verjahrung vor Aufklarung schutzen. Nutzt der Beklagte die Moglichkeit zur Verjahrung, ist eine mogliche Anklage verfallen, der Beklage einer Strafverfolgung entgangen.

An die katholische Kirche wurde appelliert, so wie auch bei Menschenrechts-Verfahren ublich. eine Einrede auf Verjahrung nicht zu nutzen. Dazu wurde bisher aber nichts bekannt.

Aus Vatikan-Papieren zu sexuellem Missbrauch geht hervor: Allein 2011 und 2012 lag die Zahl der von der katholischen Kirche ausgeschlossenen, profanisierten Priester weltweit bei rund 400.

Peter Wensierski – kurz und bundig

Peter Wensierski findet, die katholische Kirche tue sich schwer mit der Umsetzung ihrer Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellen Missbrauch von Minderjahrigen durch Geistliche:

2010 sagte der Munchner Kardinal Reinhard Marx: "Wir werden die Opfer in den Mittelpunkt stellen." Funf Jahre spater kommt das Signal von dem Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann: "Wir haben eine ganz andere Kultur im Umgang mit den Opfern, eine Sensibilitat."

Wensierski findet es unglaublich: Mit Bekanntwerden der Missbrauchsbeschuldigung

in Wurzburg gehen die kirchlichen Institutionen fur den Beschuldigten in eine Verteidigungsposition. Dem Opfer nimmt sich niemand an.

Von dem Beschuldigten wird keine Tater-Risiko-Analyse erstellt. Uber ihn wird nicht recherchiert, man will diskret bleiben. Der Beschuldigte wirkte mit an der Entscheidung, der Fall sei nicht dem Staatsanwalt vorzustellen.

Wenn ein Mann der Kirche des sexuellen Missbrauchs beschuldigt und auch noch angezeigt wird, wendet sich die Stimmung wohl erst einmal in jeder katholischen Gemeinde gegen den Anzeigefuhrenden und gegen die Ermittler. Das ist nicht nur in Bayern so, sondern uberall, wo Menschen im katholischen Milieu verwurzelt sind. Die Eltern waren vielleicht Ministranten, die Freude ebenso. So war es in Regensburg, in Hildesheim, dem Canisius Kolleg in Berlin (Anmerkung hpd: Mit einer Geldstrafe von 4.000 Euro verurteilt das Kirchengericht des Erzbistums Berlin 2013 einen Haupttater. Der heute 72-jahrige bleibt Priester, darf das Amt aber nicht mehr ausuben).

[wundert sich auch uber eine Antwort des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann im Jahr 2002. Auf die Frage nach dem Skandal um hunderte padophiler Priester in den USA und den Umgang damit, antwortete der Kardinal, er werde sich den Schuh der Amerikaner nicht anziehen, der passe ihm nicht. Spiegel 24.06.2002, "Der Papst hat das Heft in der Hand" von Ulrich Schwarz]

"Es wirft auch ein Schlaglicht auf die Kultur des Wegschauens" wenn der padophile, mehrfach aufgefallene und verurteilte Priester Wolfdieter Wei? (Anm. hpd: Bistum Wurzburg) vom kirchlichen Umfeld gestutzt, in seiner Einbildung unschuldig zu sein, mit Hilfe eines Generalvikars als Seelsorger erst einmal in weiteren Pfarreien des Bistums Wurzburg eingesetzt wird. Verstandnisvolle Worte fur "Wolfdieter" und ein Brief, in dem sich ein Kirchenmann brustete, den lieben Wolfdieter vor Strafe zu schutzen: "Ich behauptete damals auch, innerhalb der Kirche seiest Du im Rahmen der Richtlinien freigesprochen worden ..."

Eine Wende auf eine Null-Tolerenz-Linie tritt aus der Erkenntnis dieses Falles ein bei dem Generalvikar des Erzbistums Wurzburg, Dr. Karl Hillenbrand, (verstorben 2014): "Missetater brauchen ein schutzendes Umfeld, Sympathisanten und Personen in ihrem Umkreis, die sie tolerieren".

 

 

 

 

 




.

 
 

Any original material on these pages is copyright © BishopAccountability.org 2004. Reproduce freely with attribution.