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„neue Prozedur Gibt Bischofen Auch Garantien“

Radio Vatikan
June 9, 2016

http://de.radiovaticana.va/news/2016/06/10/motu_proprio_%E2%80%9Eneue_prozedur_gibt_bisch%C3%B6fen_auch_garantien%E2%80%9C/1236126

Erzbischof Charles Scicluna - AP

Es hat einige Aufmerksamkeit erregt: das Motu Proprio von Franziskus vom letzten Samstag. Damit legt der Papst fest, dass ein Bischof auch dann seines Amtes enthoben werden kann, wenn er seinen Amtspflichten beim Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch nicht genugend nachgekommen ist. Zittern jetzt uberall in der Welt die Bischofe? Nein, sagt Charles Scicluna. Der 57-Jahrige ist Erzbischof auf der Insel Malta und hat sich zugleich jahrelang an der vatikanischen Glaubenskongregation mit kirchlichen Missbrauchsfallen beschaftigt.

„Als Bischof einer kleinen Diozese sehe ich vor allem, dass die Prozedur, die der Papst mit diesem Motu Proprio festlegt, uns auch eine gewisse Sicherheit gibt. Wir werden nicht einfach nur zu gro?er Wachsamkeit in unserem pastoralen Dienst angehalten, sondern wir bekommen auch die Garantie einer bestimmten Prozedur, wenn es zu Anzeigen wegen Vernachlassigung unserer Amtspflichten kommt. Der Papst will eine Untersuchung - und dass dann auch in der Gemeinschaft Gerechtigkeit einkehrt. Es geht hier also um Verantwortung; gleichzeitig sehen wir, dass der Papst der jeweiligen (christlichen) Gemeinschaft mit ihren Schwierigkeiten sehr, sehr nahe sein will, wenn er feststellt, dass da einige sehr wichtige Dinge nicht respektiert werden.“

Erzbischof Scicluna sieht in dem Motu Proprio des Papstes vor allem einen deutlichen Aufruf zur gemeinsamen Verantwortung der Hirten. Der Bischof von Rom handle hier kollegial. Kinderschutz werde noch einmal ausdrucklich zur gemeinsamen Aufgabe aller Glaubigen erklart.

„Schon in den ersten Worten des Motu Proprio wird das sehr klar gesagt: Die ganze Kirche hat die Aufgabe, den Schutz der Kinder und Erwachsenen zu gewahrleisten! Naturlich ruft das besonders uns Bischofe in die Verantwortung. Man muss allerdings auch klarer sehen, dass der erste Artikel dieses Motu Proprio gar nicht nur von Vernachlassigung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen spricht; er hat einen viel weiteren Atem und spricht von Vernachlassigung, die anderen einen schweren Schaden zufugen kann. Das kann sich um Menschen handeln, aber auch um eine ganze Gemeinschaft; der Schaden durch die Nachlassigkeit des Bischofs kann also laut Motu Proprio nicht nur physisch sein, sondern auch moralisch, spirituell oder finanziell!“

Sprich: Der Vatikan hat sich fur eine Vielzahl moglicher Falle gewappnet. Allerdings ruft Franziskus im Motu Proprio nicht ausdrucklich dazu auf, dass Bischofe automatisch Falle von sexuellem Missbrauch, von denen sie Kenntnis erhalten, zur Anzeige bei den Behorden bringen. Naturlich nicht, sagt Erzbischof Scicluna dazu.

„Der Heilige Stuhl hat immer gesagt, dass man in dieser Hinsicht den ortlichen Gesetzen Folge zu leisten hat! Wenn ein Bischof in einem rechtlichen Umfeld, das ihn zur Anzeige eines Priesters verpflichtet, dem nicht nachkommt, macht er sich eines Unterlassens schuldig, das zum Skandal in der Gemeinschaft fuhrt. Dadurch schwacht er die moralische Autoritat, die ein Bischof haben muss, um wirklich Hirte der Gemeinschaft zu sein, oder macht sie gar zunichte.“

Scicluna ist auch jetzt noch fur die Glaubenskongregation tatig. Naturlich hat er genau registriert, dass das Motu Proprio nicht speziell seine Kongregation betrifft: Schlie?lich geht es dem Papst nicht direkt um Missbrauchsfalle, sondern allgemeiner um die Vernachlassigung der Amtspflichten in diesem Bereich. Und da konnen jeweils ganz verschiedene Kongregationen zustandig sein.

„Man muss beachten, dass das Motu Proprio den Kodex (des Kirchenrechts) mit einigen administrativen, nicht mit Straf-Prozeduren zitiert. Und das gibt dem Heiligen Vater aus meiner Sicht die Moglichkeit, eine angemessene Antwort auf verschiedene Probleme zu geben – nicht nur, wenn es um Schutz von Kindern und Jugendlichen geht, sondern auch in der Frage des Vermogens eines Bistums. Im Kodex gibt es zwar das Vergehen des Amtsmissbrauchs, aber hier handelt es sich um eine objektive Situation, die den Dienst eines Bischofs unwirksam werden lasst. Der Heilige Vater, der schon immer die Moglichkeit hatte, einen Bischof aus schwerwiegenden Grunden seines Amtes zu entheben, schafft jetzt eine Prozedur, die den Bischofen das Recht auf Verteidigung zugesteht, wenn eine Kongregation Ermittlungen gegen sie durchfuhrt. Und die Prozedur gibt gleichzeitig ein starkes Signal an die (christliche) Gemeinschaft.“

 

 

 

 

 




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