BishopAccountability.org

HOFFEN AUF ERFOLGREICHE AUFARBEITUNG

By Von Christian Wölfel Und Eckhart Querner
BR
October 11, 2016

https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/domspatzen-missbrauch-kirche-102.html



Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer

[It is probably one of the greatest abuse and cases of abuse in the Catholic Church in Germany: In the Regensburger Domspatzen at least 231 students are victims of physical and about 50 other victims of sexual violence has come forward. An investigation has been going on for several months and early results are expected Wednesday.]

Es ist wohl einer der größten Missbrauchs- und Misshandlungsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland: Bei den Regensburger Domspatzen sind mindestens 231 Schüler Opfer körperlicher und etwa 50 weitere Opfer sexueller Gewalt geworden, vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren. Seit Februar berät ein Aufarbeitungsgremium, wie ihnen geholfen werden kann. Am Mittwoch soll es erste Ergebnisse geben.

Alexander Probst und Peter Schmitt haben lange gekämpft. Sie stehen nur exemplarisch für viele ehemalige Domspatzen, die seit Jahren auf ihr Schicksal aufmerksam machen. Doch lange hat ihnen das Bistum Regensburg offenbar nicht richtig zugehört, wenn sie berichteten - über Missbrauch und Misshandlung bei den Regensburger Domspatzen.

Gemeinsamer Pressetermin von Betroffenen und Kirchenvertretern

Am Mittwoch aber werden sie über den Erfolg ihres Kampfes erzählen, an dem viele andere Betroffene beteiligt waren. Schmitt und Probst werden dann stellvertretend vor Journalisten erklären, wie systematischer Missbrauch und Misshandlung beim weltberühmten Knabenchor aufgearbeitet, wie geholfen werden soll - das Ergebnis eines Aufarbeitungsgremiums, das seit Februar an diesen Fragen arbeitet.

Zwischenbericht zum Missbrauchsskandal: Die Pressekonferenz live

Schon die Einladung zu dem Termin hat Symbolkraft: Weder Bistum noch Betroffene bitten zur Pressekonferenz, die Mail an Journalisten kommt von einem Mediator. Und gemeinsam mit Probst und Schmitt wird auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer Journalisten Rede und Antwort stehen - das gab es bisher nicht in Regensburg, und auch sonst dürfte es in Deutschland ein seltenes Ereignis sein.

Die Rolle von Gerhard Ludwig Müller und Georg Ratzinger

Unter Voderholzers Vorgänger Gerhard Ludwig Müller, heute als Präfekt der römischen Glaubenskongregation an höchster Stelle für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche verantwortlich, scheiterten zuvor alle Versuche, die unrühmliche Vergangenheit der Domspatzen systematisch aufzuarbeiten - fünf lange Jahre. Betroffene warfen dem Bistum vor, eine Aufklärung zu verhindern. Müller dagegen sah den Knabenchor durch die Vorwürfe in den Dreck gezogen. Und immer wieder tauchte die Frage auf: Was wusste der ehemalige Domkapellmeister Georg Ratzinger, Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., von den Vorgängen?

Aufarbeitung unter Bischof Voderholzer

Erst unter Voderholzer kam im Jahr 2015 Bewegung in die Aufarbeitung. Zuvor hatten Betroffene wie Alexander Probst oder Michael Sieber in mehreren TV-Dokumentationen auf ihr Schicksal aufmerksam gemacht. Im April wird schließlich Anwalt Ulrich Weber (Weißer Ring) als unabhängiger Sonderermittler eingesetzt. Er ist es dann auch, der im Januar 2016 von 231 Opfern körperlicher Gewalt, vor allem in der Vorschule Etterzhausen, und von mindestens 50 Betroffenen sexueller Gewalt, vor allem bis Ende der 1970er-Jahre in Regensburg spricht. Das Bistum hatte noch ein knappes Jahr zuvor von 72 Misshandlungsopfern gesprochen.

Beispiel Ettal

All das zeigt: Der Weg in Regensburg ist nicht einfach. Trotzdem gibt es Beispiele innerhalb der katholischen Kirche, die Hoffnung machen: Aufarbeitung kann gelingen. Zwar dauerte es etwa auch in Ettal fast ein Jahr, bis Opfer und die Benediktiner einen Weg fanden, die Missbrauchsfälle in dem Klosterinternat aufzuarbeiten. Am Ende bekamen etwa 70 ehemalige Schüler finanzielle Entschädigungen und Hilfen. Für erlittene körperliche Gewalt wurden jeweils 5.000 Euro, für sexuellen Missbrauch zwischen 10.000 und 20.000 Euro ausbezahlt. Außerdem untersuchte eine sozialwissenschaftliche Analyse Ursachen und Mechanismen, die zu den Übergriffen geführt oder sie begünstigt hatten.

Ringen um Lösungen

Am Mittwoch nun wird präsentiert, wie die Vergangenheit der Regensburger Domspatzen aufgearbeitet werden soll. Schon vor der Bekanntgabe der Ergebnisse sprechen mehrere Indizien dafür, dass das gemeinsame Ringen um Lösungen erfolgreich ist.

Da ist zum einen der gemeinsame Pressetermin von Betroffenen und Kirchenvertretern. Dass dazu nach nicht einmal einem Jahr Arbeit eingeladen wird, ist angesichts der Dimension bemerkenswert. Es dürfte die bisher größte Anzahl von Betroffenen bei einer einzigen katholischen Einrichtung in Deutschland sein - auch wenn Sonderermittler Weber offenbar erst Anfang kommenden Jahres abschließende Zahlen vorlegen wird.




.


Any original material on these pages is copyright © BishopAccountability.org 2004. Reproduce freely with attribution.