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Fachmann Sieht Fortschritte Im Kampf Gegen Sexuellen Missbrauch

cath.ch
October 20, 2016

https://www.kath.ch/newsd/fachmann-sieht-fortschritte-im-kampf-gegen-sexuellen-missbrauch/

Rom, 19.10.16 (kath.ch) Der Jesuit Hans Zollner leitet das Kinderschutzzentrum an der Papstlichen Universitat Gregoriana in Rom und ist einer der renommiertesten Fachleute fur die Pravention von sexuellem Missbrauch. Im Interview spricht das Mitglied der papstlichen Kinderschutzkommission uber einen Mentalitatswandel unter Bischofen und uber die Zukunft der Kommission.

Thomas Jansen

Papst Franziskus hat im Juni ein neues Gesetz erlassen. Danach konnen nun auch jene Bischofe kirchenrechtlich belangt werden, die einem Verdacht auf sexuellem Missbrauch in ihrem Bistum nicht ausreichend nachgehen. Ist das aus Sicht der papstlichen Kinderschutzkommission ausreichend?

Hans Zollner: Im Endeffekt ist dieses sogenannte Motu Proprio das, was die Kommission wollte. Die neue Gesetzesgrundlage geht in einem Punkt sogar uber unseren Vorschlag hinaus. So betrifft sie nicht nur die Ortsbischofe, sondern auch die hoheren Ordensoberen – diese waren bisher nicht ausdrucklich erwahnt worden. Entscheidend ist, dass Bischofe, Provinziale und Generalobere nun auch wegen Vernachlassigung ihrer Amtspflichten und Missachtung ihrer Sorgfaltspflicht kirchenrechtlich zur Verantwortung gezogen werden konnen. Dahinter steht die Auffassung, dass Obere im juristischen Sinne eine Mitverantwortung fur das Handeln ihrer Untergebenen haben. Im angelsachsischen Raum wurde diese seit langem gefordert.

Befurchten Sie nicht, dass mit solchen «weichen Kriterien» Diffamierungen unliebsamer Bischofe Tur und Tor geoffnet werden konnte?

Zollner: Diese Befurchtung ist nicht unberechtigt. Derzeit lasst sich allerdings noch nicht sagen, wie haufig solche Falle vorkommen. Anschuldigungen konnen auch den Falschen treffen. Wie bei jeder Anklage hat der Beschuldigte aber auch hier die Moglichkeit, sich dagegen juristisch zur Wehr zu setzen. Es ist klar, dass der Name des Betroffenen in der Offentlichkeit dadurch irreparablen Schaden erleidet. Doch das lasst sich auch bei diesen Fallen nicht vermeiden.

Was kann man sich unter einer Vernachlassigung der Amtspflichten vorstellen? Wie werden die neuen Regelungen angewendet?

Zollner: Der Erlass ist Anfang September offiziell in Kraft getreten. Konkrete Ausfuhrungsbestimmungen fehlen bislang. Deshalb ist manches noch unklar. Doch eines lasst sich jetzt schon sagen: Die Botschaft ist bei den Bischofen angekommen! Verdachtsfalle werden nun rascher weitergemeldet. Offenbar sind die Bischofe durch diese Massnahme aktiver geworden.

Wer legt die Ausfuhrungsbestimmungen fest?

Zollner: Papst Franziskus hat vier Behorden, die im Vatikan fur Bischofe und hohere Ordensobere zustandig sind aufgefordert, entsprechende Kriterien fur ihren Bereich zu erarbeiten. Ausser der Bischofskongregation sind dies die Ostkirchen- und Ordenskongregation sowie die Kongregation fur die Evangelisierung der Volker. Das hat gegenuber einer detaillierten Handlungsanweisung von oben den Vorteil, dass die Mitarbeiter miteinbezogen sind und sich eigene Gedanken zum Thema und zum Vorgehen machen mussen. Die Einheitlichkeit soll eine eigene Beraterkommission des Papstes gewahrleisten. Ihre Zusammensetzung steht allerdings bislang noch nicht fest.

Die papstliche Kinderschutzkommission ist von Franziskus 2014 zunachst auf drei Jahre zur Probe eingesetzt worden. Diese Probezeit endet im Dezember 2017. Wie geht es weiter?

Zollner: Das Thema sexueller Missbrauch wird die katholische Kirche noch in den nachsten Jahren und Jahrzehnten begleiten. Von daher wird es sicher auch weiterhin eine Institution geben, die sich damit auf Weltebene befasst. Offen ist derzeit allerdings noch, in welcher Form dies geschehen wird.

Sie sind auch Leiter des Kinderschutzzentrums an der Papstlichen Universitat Gregoriana. Ist seine Zukunft gesichert?

Zollner: Das Kinderschutzzentrum ist auf Spenden angewiesen, weil unsere Fortbildungen zur Missbrauchspravention vor allem auf jene Lander der Sudhalbkugel ausgerichtet sind, in denen wir kein Geld dafur verlangen konnen. Wir finanzieren uns ausschliesslich durch Spenden von kirchlichen Institutionen und Privatleuten. Unser grosster Geldgeber ist seit Jahren das Erzbistum Munchen und Freising. Hinzu kommt das Kindermissionswerk «Die Sternsinger» und weitere Spender. Derzeit belauft sich unser Jahresbudget auf rund 500’000 Euro (543’000 Franken). Wir brauchen kunftig 300’000 bis 400’000 Euro zusatzlich, um der schnell wachsenden Nachfrage weltweit angemessen nachkommen zu konnen.

Medien berichteten vom angeblichen Rucktritt eines Mitglieds aus der Kinderschutzkommission. Unzufriedenheit mit der Arbeit des Gremiums soll der Grund gewesen sein. Stimmt das?

Zollner: Dieses Mitglied hat im Juni auf eigenen Wunsch den Papst um Entpflichtung ersucht. Das geschah aufgrund der grossen Arbeitsbelastung in der Hauptberufstatigkeit und den familiaren Verpflichtungen und hat nichts mit Unzufriedenheit mit der Arbeit des Gremiums zu tun. (cic)

 

 

 

 

 




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