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Ehemaliger Domspatz schildert Martyrium

By Christine Straßer
Mittelbayerische
February 14, 2017

http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/ehemaliger-domspatz-schildert-martyrium-21179-art1487108.html

Alexander Probst als Domspatz
Photo by Alexander Probst

[Former Domspatzen choir member describes abuse. Alexander Probst made the abuse public with his book and he will now give courage to other victims.]

Alexander Probst machte den Missbrauch bei dem Chor öffentlich. Mit seinem Buch will er nun anderen Opfern Mut machen. Regensburg.Als Elfjähriger wurde Alexander Probst bei den Regensburger Domspatzen sexuell missbraucht. Er war nicht der einzige Schüler in den Reihen des weltberühmten Chors, der geprügelt, gedemütigt und missbraucht wurde. Probst ist aber einer derjenigen, denen es zu verdanken ist, dass die Schicksale der Opfer bekannt wurden und der Skandal jetzt aufgearbeitet wird. 2010 hatte er als erster sein Martyrium öffentlich gemacht. Nun erzählt er in seinem Buch „Von der Kirche missbraucht“ seine ganze Leidensgeschichte. Einerseits sagt Probst, habe er sich das von der Seele schreiben müssen, um Frieden zu finden. Von 1968 bis 1971 besuchte Probst die Vorschule Etterzhausen und später das Internat

der Regensburger Domspatzen. Für ihn eine dunkle Zeit. Andererseits hoffe er darauf, mit seinem Buch anderen Opfern Mut zu machen. Denn Probst wurde zwar nach seinem Schritt an die Öffentlichkeit vielfach verunglimpft, letztlich kämpfte er aber erfolgreich für die Anerkennung der Opfer und die Aufarbeitung des Skandals.

Der Beschuldigte lebt noch

Am Musikgymnasium verging sich ein Präfekt rund 200 Mal an ihm, wie Probst sagt. Der Mann arbeitete im Internat als studentische Hilfskraft, bis er 1972 ausschied. Eine Mutter hatte gemeldet, dass der Präfekt ihrem Sohn gegenüber nicht die nötige Distanz gewahrt habe. 1978 wurde er in Eichstätt zum Priester geweiht und war im Bistum Eichstätt Pfarrer. Im März 2010 wurde er von seinen seelsorgerischen Aufgaben entbunden. Bei Probst entschuldigt hat sich der ehemalige Präfekt, dessen Aufenthaltsort von der Kirche geheim gehalten wird, nie. Für ihn sei das ein pädophiler Massentäter führt Probst aus. Und: „Eine Entschuldigung braucht von denen keiner.“

Die Chronologie eines unglaublichen Skandals: Seit 2010 ist bekannt, dass bei den Domspatzen Buben misshandelt wurden. Die Aufarbeitung kam nur sehr langsam in Gang.

Warten auf den Abschlussbericht

In wenigen Wochen wird Rechtsanwalt Ulrich Weber seinen Abschlussbericht zu den Missbrauchsfällen bei den Domspatzen voraussichtlich vorlegen. Darin könnte es auch um Georg Ratzinger, der von 1964 bis 1994 Domkapellmeister war, gehen. Noch eingehender wird aber ein Regensburger Historiker Ratzingers Rolle in einer Studie unter die Lupe nehmen. Probst schildert in seinem Buch, wie Ratzinger Kinder schlug und mit dem Klavierstuhl, dem Metronom oder Kerzenständern nach ihnen warf. Dass Ratzinger nichts vom sexuellen Missbrauch in seiner Zeit als Domkapellmeister mitbekommen haben will, löst bei Probst Kopfschütteln aus. Das hält er für unmöglich.

Inzwischen stehen viele Zeichen auf Versöhnung. Das ist dem jetzigen Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer zu verdanken. Propst stellte im Herbst zusammen mit dem Bischof einen Plan für die Aussöhnung vor. Gewünscht hätten sich die Opfer das bereits von Voderholzers Vorgänger Gerhard Ludwig Müller. Doch zu einem Gespräch mit Opfervertretern war der jetzige Kurienkardinal bislang nicht bereit. Es sei ganz einfach, sagt Probst: „Hätte Müller vor sieben Jahren das gemacht, was Voderholzer getan hat, dann hätten wir seit sechs Jahren Ruhe.“ Probst bezweifelt, dass es jemals zu einer Aussprache mit Müller kommen wird. Wichtiger ist ihm, mit seinem Buch andere aufzurütteln und Eltern sensibler zu machen. Positiv sieht er, dass bei den Domspatzen inzwischen vieles anders geworden ist. „So ein Verhältnis, wie es die Jungen heute zum Domkapellmeister Roland Büchner haben, hätten wir uns damals gewünscht“, meint Probst.




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