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Padophilenskandal: Bistumssprecher Erhob Vorwurfe Gegen Kapuzinerchef

By Dominik Weingartner
Luzerner Zeitung
February 24, 2017

http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/schweiz/Paedophilenskandal-Bistumssprecher-erhob-Vorwuerfe-gegen-Kapuzinerchef;art9641,974327

Giuseppe Gracia, Sprecher des Bistums Chur (links) und Mauro Johri, Generalminister des Kapuzinerordens. | Bild: PD / Keystone

KIRCHE ? Der Padophilieskandal bei den Kapuzinern ist zu einem innerkirchlichem Politikum mutiert. Giuseppe Gracia, Sprecher des Bistums Chur, erklart seine Anschuldigungen gegenuber dem obersten Kapuziner Mauro Johri.

Wer hat wann was gewusst und dennoch nichts unternommen? Diese Frage beschaftigt den Kapuzinerorden seit den «Blick»-Enthullungen rund um den padophilen Pater Joel. Wie unsere Zeitung am Samstag berichtete, wurde der Pater seit Bekanntwerden seines Falles mehrmals versetzt, zunachst nach Frankreich, 2005 wurde er schliesslich in die Schweiz zuruckgeholt. Der Pater, der Dutzende Kinder vergewaltigt und davon auch pornografische Aufnahmen gemacht haben soll, musste sich jedoch nie einem kirchenrechtlichen Verfahren stellen. Er lebt heute zuruckgezogen im Kapuzinerkloster in Wil.

Unklar ist bis heute, was der oberste Kapuziner, Generalminister Mauro Johri, von dem Fall wusste. Johri war von 1995 bis 2001 und von 2005 bis 2006 oberster Kapuziner der Schweiz. 2005 wurde Pater Joel in die Schweiz zuruckgeholt. Gegenuber unserer Zeitung mutmasste ein Insider der katholischen Kirche uber die Rolle Johris im Fall des padophilen Paters. Jetzt outet sich der Mann in der Offentlichkeit, nachdem in den letzten Tagen in verschiedenen Medien gemutmasst worden war, wer hinter den Aussagen steckt.

«Plattform fur Ablenkungsmanover»

In einem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, erklart Giuseppe Gracia, Sprecher des Bistums Chur, wieso er sich mit seinem Verdacht an die Medien gewandt hat: «Ich empfand es als meine Pflicht, darauf aufmerksam zu machen, dass nicht allein Ephrem Bucher, sondern der heute weltweit oberste Kapuziner in Rom, Mauro Johri, wahrend mehrerer Jahre des Wirkens von Pater Joel fur die Aufsicht verantwortlich war.» Ephrem Bucher, oberster Schweizer Kapuziner zwischen 2001 und 2004 sowie 2007 und 2013, hat sich letzte Woche im «Blick» dafur entschuldigt, im Fall des padophilen Priester nichts unternommen zu haben. Gracia bezeichnet Bucher in seinem Schreiben als «Bauernopfer». Auf dem Online-Portal «kath.ch» wurde bereits Anfang Woche vermutet, dass Gracia hinter den Anschuldigungen gegenuber Johri steckt – und der Fall bekam eine politische Komponente. Gracia versuche Johri anzuschwarzen, um den Kapuzinerchef als apostolischen Administrator des Bistums Chur zu verhindern, sagte der Informationsbeauftragte der Schweizer Kapuziner Willi Anderau gegenuber «kath.ch». «Es geht gar nicht um sexuelle Ubergriffe», so der Sprecher.

Das bestreitet Giuseppe Gracia. Der Artikel habe gezeigt, dass es «kath.ch» nicht an «echter Aufklarung» gelegen sei. Das Portal unterstutze mit diesem Vorgehen die Vertuschung, «indem es solchen Ablenkungsmanovern eine Plattform bietet. Nach alter Manier versucht man jene, die Missstande aufdecken, offentlich zu desavouieren», schreibt Garcia, der betont, dass Bischof Vitus Huonder nicht uber seinen Gang an die Medien informiert war. Er stehe zu seinem Handeln und hoffe, «dass die ganze Wahrheit uber die Verantwortlichen ans Licht kommt», so Gracia. Mauro Johri selber will sich zum konkreten Fall nicht aussern. Auf Fragen dieser Zeitung zu seiner Rolle schreibt er: «Es ist sehr wichtig, dass die gemachten Fehler, welche diese schlimmen sexuellen Ubergriffe ermoglicht haben, aufgearbeitet werden. Aber ich will mich jetzt nicht in die derzeit laufende Debatte in der Schweiz einmischen.»

 

 

 

 

 




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