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Bischof Von Wurzburg Wollte Ein Weiteres Gutachten

Main Post
March 3, 2017

http://m.mainpost.de/regional/wuerzburg/Bischoefe-Missbrauchsvorwuerfe-Alexandra-W-Katholische-Kirche-Priester-Gutachten;art735,9520075

Nun hat auch die Diozese Wurzburg offiziell mitgeteilt, dass die Ermittlungen des Missbrauchsbeauftragten gegen einen ihrer Geistlichen beendet sind. Wie diese Redaktion bereits berichtete, hat Professor Klaus Laubenthal das Verfahren Ende Januar eingestellt.

Insgesamt hatte der Ordinarius fur Kriminologie und Strafrecht an der Uni Wurzburg zwei Vorwurfe sexuellen Missbrauchs gegen den Priester gepruft. Den ersten hat Alexandra W. 2013 erhoben. Zu diesem ersten Vorwurf gab es eine kirchenrechtliche Voruntersuchung. Dieses Verfahren wurde im Dezember 2015 eingestellt. Nach weltlichem Strafrecht war der Fall verjahrt.

„Keine zureichenden Anhaltspunkte“

Laut Pressemitteilung des bischoflichen Ordinariats hatte Laubenthal ab April 2016 einen zweiten Vorwurf, der gegen den Geistlichen im Raum stand, untersucht. Seine Prufung habe ergeben, dass es fur ihn „nach derzeitigem Stand der Ermittlungen keine zureichenden Anhaltspunkte“ gibt. So weit sind die Fakten bekannt.

Die Pressemitteilung, die auch auf der Bistums-Homepage nachzulesen ist, weist jedoch auf einen bislang offentlich nicht bekannten Aspekt hin: auf ein zweites aussagepsychologisches Gutachten. Bis zu dieser Mitteilung hat die Diozese Wurzburg nur auf ein einziges Gutachten von Norbert Nedopil hingewiesen. Es wurde laut Bistum im Mai 2015 erstellt, also innerhalb der kirchenrechtlichen Voruntersuchung.

Berliner Aussagepsychologe

Aktuell ist von einem zweiten Gutachten uber Alexandra W. die Rede, das allerdings erst im August 2016 „durch einen der bundesweit renommiertesten Aussagepsychologen der Charite Berlin“ erstellt worden sei. Auf Nachfrage hei?t es von Bistumsseite: Bei dem Gutachter handelt es sich um Max Steller, emeritierter Professor fur Forensische Psychologie.

Die beiden Gutachten unterscheiden sich in ihrem Ergebnis. Gutachter Norbert Nedopil zufolge konnte ein sexueller Ubergriff durch den Geistlichen aussagepsychologisch nicht belegt werden. Laut Professor Laubenthal stellte das Nedopil-Gutachten allerdings zuvor klar, dass das gefundene Ergebnis nicht notwendigerweise bedeute, dass das von Alexandra W. berichtete Ereignis nicht stattgefunden habe; kurz: Es kann sein und es kann nicht sein, dass eine sexuelle Notigung stattgefunden habe, so Laubenthal.

Gutachter Max Steller kommt laut Mitteilung der Diozese zu folgendem Schluss: Die von Alexandra W. erhobene Anschuldigung weise „inhaltliche Widerspruche“ auf. Und: Zu keinem Zeitpunkt habe eine begrundete Wahrscheinlichkeit fur einen tragfahigen Anfangsverdacht auf einen sexuellen Ubergriff durch den beschuldigten Priester bestanden.

Fragen zum zweiten Gutachten

Zum zweiten Gutachten von Max Steller gibt es mehrere Fragen: Durfen Unterlagen nach Abschluss eines kirchenrechtlichen Verfahrens willkurlich aus der Akte herausgenommen und einem Gutachter ubergeben werden? Wurde Alexandra W. daruber informiert? Hat sie ihr Einverstandnis dazu gegeben? Warum wurde ein weiteres Gutachten eingeholt?

Das Bistum Wurzburg hat in dieser Angelegenheit mittlerweile den Wurzburger Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochen Schrepfer beauftragt, Presseauskunfte zu geben: Das zweite Gutachten sei von Max Steller im Auftrag des Bischofs erstellt worden. „Er wollte sich dadurch vergewissern, dass der betreffende Geistliche der Diozese Wurzburg seine Tatigkeiten uneingeschrankt ausuben kann.“

„Eigentum des Bischofs“

Weiter fuhrt Rechtsanwalt Schrepfer aus: „Mit Abschluss des kirchenrechtlichen Verfahrens steht die Akte quasi im Eigentum des Bischofs, der die Akte verwahrt und eigenstandig uber eine etwaige Herausgabe der Akte oder von bestimmten Unterlagen aus der Akte entscheidet.“ Und: Es wurde „eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage eingeholt“. Daher sei Alexandra W. uber den Gutachtensauftrag nicht in Kenntnis gesetzt worden.

Ware dieses Vorgehen auch nach weltlichem Recht moglich? Dazu gibt Professor Klaus Laubenthal Auskunft – nicht in seiner Funktion als externer Missbrauchsbeauftragter der Diozese Wurzburg, sondern als renommierter Strafrechtler.

Gutachten als Teil des Ermittlungsverfahrens

Er sagt: „Wenn das weltliche Ermittlungsverfahren eingestellt ist, dann kommt es nicht in Betracht, dass die Ermittlungsbehorde – ohne Kenntnis der beschuldigenden Person – ein neues aussagepsychologisches Gutachten uber sie erstellen lasst.“ Dazu musste man das Ermittlungsverfahren wieder aufnehmen. Denn, so Professor Laubenthal, „die Erstellung eines Gutachtens zu einem moglichen strafrechtlich relevanten Vorwurf ist ja Teil des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens“.

Uberhaupt sei es verwunderlich, „dass ein Gutachten nach Aktenlage erstellt wurde, ohne zuvor das Opfer angehort zu haben, das unter anderen uber die Medien erklart hat, aussagebereit zu sein“. Zudem, so fugt Professor Laubenthal hinzu, ware es in einem weltlichen Ermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen, dass dort auch ein Gutachten uber den Beschuldigten eingeholt wird.

Was kirchenrechtlich also offenbar moglich ist, ist nach weltlichem Recht nicht moglich.

 

 

 

 

 




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