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Missbrauch: Vatikan Weist Vorwurfe Zuruck

religion@orf
March 3, 2017

http://religion.orf.at/stories/2828931/

[Cardinal Gerhard Ludwig Mueller has reproached the allegation that the Vatican is not resolutely opposed to abuse.]

Kurienkardinal Gerhard Ludwig Muller hat den Vorwurf, der Vatikan gehe nicht entschieden genug gegen Missbrauchstater vor, zuruckgewiesen.

„Das ist nicht der Fall. Man muss verstehen, dass wir als Kirche kein weltliches Urteil fallen“, sagte der Prafekt der Glaubenskongregation der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag-Ausgabe) im Interview. Zuvor hatte der Rucktritt des einzigen verbliebenen Missbrauchsopfers Marie Collins aus der papstlichen Kinderschutzkommission fur Kritik gesorgt - mehr dazu in Missbrauchsopfer verlasst Vatikan-Kommission.

„Unser Verfahren ist zusatzliches“

In der Kirche gehe es um die Einschrankung des geistlichen Dienstes und, als harteste Strafe, um die Entlassung aus dem Klerikerstand, so Muller. Fur jeden Kleriker gelte jedoch auch das staatliche Strafrecht; staatliche Gerichte konnten etwa Gefangnisstrafen verhangen. „Unser Verfahren ist ein zusatzliches, quasi ein disziplinarisches Verfahren - so wie ein Lehrer nicht nur von einem Gericht belangt werden kann, sondern sich auch dem Kultusministerium stellen muss.“

Kardinal Gerhard Ludwig Muller

Der Papst habe die Kinderschutzkommission eingesetzt, um zu zeigen, dass Missbrauch ein schweres Verbrechen ist, das bekampft werden muss. Er habe damit weltweit mehr Sensibilitat schaffen wollen. Es sei jedoch nicht Aufgabe der Kommission, die Glaubenskongregation, die fur die Bearbeitung der meisten Missbrauchsfalle zustandig ist, zu unterstutzen.

Rucktritt aus Frustration

Collins hatte ihren Rucktritt mit „Frustration uber mangelnde Kooperationsbereitschaft anderer Behorden der romischen Kurie“ begrundet und damit indirekt die von Muller geleitete Glaubenskongregation kritisiert. So lehnte diese Collins zufolge etwa im Janner den Vorschlag ab, auf Briefe von Missbrauchsopfern zu antworten.

Zu unbestatigten Medienberichten, wonach sich Franziskus angeblich im Missbrauchsfall eines italienischen Priesters uber das Votum der Glaubenskongregation fur eine Entlassung aus dem Priesterstand hinweggesetzt habe, betonte Muller, in diesem Fall seien die Akten noch nicht geschlossen.

Es gebe neue Elemente, uber die er derzeit jedoch nicht sprechen konne. In den vergangenen Tagen war berichtet worden, dass der Papst die Laisierung eines italienischen Priesters in eine lebenslange Entfernung aus der Seelsorge und Verpflichtung zu einer funfjahrigen Psychotherapie sowie zu lebenslanger Bu?e im Gebet umgewandelt habe.

Lernprozess fur Kirche

Grundsatzlich sei es fur die Kirche nicht leicht, sich mit „etwas so Entsetzlichem und Undenkbarem“ wie Missbrauch auseinanderzusetzen. „Wir als Bischofe sind doch im Grunde naive Menschen, die an das Gute glauben. Wir haben auch nicht Kriminalistik studiert.“ Die Kirche stecke bei diesem Thema „noch in einem Lernprozess“, so Muller.

Zudem gebe es in jedem Land eine andere Mentalitat, Kultur und Gesetzgebung. Nicht uberall sei der Grad der Sensibilisierung so hoch, „wie wir es eigentlich erwarten sollten“, raumte Muller ein.

Collins-Ruckzug schwerer Schlag

Der am Mittwoch bekanntgewordene Rucktritt der Irin Marie Collins als Mitglied der Kommission bedeutet nun einen schweren Ruckschlag. Denn Collins war de facto das letzte noch verbliebene Missbrauchsopfer in dem Gremium.

Von aktivem Widerstand gegen die verscharften Bestimmungen des Papstes im Kampf gegen sexuellen Missbrauch will Collins jedoch nicht sprechen. Sie habe eher den Eindruck, dass die Arbeit ihrer Kommission „von einigen als Einmischung empfunden wird“, sagte die 70-jahrige Irin der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ (Donnerstag-Ausgabe).

„Das Fass zum uberlaufen“ brachte nach Collins’ Aussage die Tatsache, dass die Glaubenskongregation im Janner ihren Vorschlag abgelehnt habe, auf Briefe von Missbrauchsopfern zu antworten. Besonders verargert hatte die Irin zuvor auch, dass das vom Vatikan ursprunglich angekundigte Spezialgericht fur Prozesse gegen Bischofe, die im Kampf gegen Missbrauch zu nachlassig waren, nun doch nicht eingerichtet wurde.

Schulung fur 250 Bischofe durchgefuhrt

Der Jesuitenpater Hans Zollner, einziges deutsches Mitglied der Kinderschutzkommission, lie? Kathpress gegenuber durchblicken, dass Collins mit ihrer Kritik auch in der Kommission nicht ganz allein steht. „Es gibt Stellen und Personen, von denen Marie und andere Mitglieder der Kommission den Eindruck haben, dass sie nicht proaktiv auf das reagieren, um was wir sie bitten, und was der Papst fordert“, sagte der Direktor des Kinderschutzzentrums der Papstlichen Universitat Gregoriana am Donnerstag in Rom.

Zollner verweist jedoch drauf, dass es auch viele vatikanische Behorden gebe, die sehr gut mit der Kinderschutzkommission zusammenarbeiteten, etwa die Bischofskongregation und die Missionskongregation.

Collins weiter tatig

Collins fuhrte gemeinsam mit Zollner im vergangenen Jahr auf Einladung dieser beiden Behorden fur 250 neue Bischofe in Rom eine Fortbildung zum Thema sexueller Missbrauch durch. Zudem schulte sie auch Mitarbeiter der Kleruskongregation. Solche Fortbildungen fur vatikanische Behorden werde Collins auch weiter durchfuhren, so Zollner.

Unabhangig vom Rucktritt Collins’ gilt die Kinderschutzkommission in ihrer heutigen Form in Rom als Auslaufmodell. Ihre Erprobungszeit endet im Dezember 2017. Man brauche eine andere Konstruktion, die eine effektivere Arbeit ermogliche, hei?t es.

 

 

 

 

 




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