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Jetzt Ermitteln Staatsanwalte in Korntal

Ludwigsburger Kreiszeitung
March 25, 2017

http://www.lkz.de/lokales/stadt-kreis-ludwigsburg_artikel,-Jetzt-ermitteln-Staatsanwaelte-in-Korntal-_arid,414288.html

Auf dem Weg zur Korntaler Polizei: Das ehemalige Heimkind Alfred Wieland (links) und weitere Betroffene, die in Einrichtungen der Brudergemeinde nach eigenen Angaben missbraucht worden sind. Foto: Oliver Burkle

Fur Alfred Wieland ist es ein schwerer Gang. Gegen den bei?enden Wind, der am Freitagnachmittag auf dem Korntaler Saalplatz weht, tragt er einen dunkelblauen Mantel. Auf der rechten Seite steht der gro?e Saal der Evangelischen Brudergemeinde. Gegenuber liegt der Posten der Korntaler Polizei. Alfred Wieland wahlt mit seinen sechs Mitstreitern den Eingang der Polizei. Sie sind angereist, um die Evangelische Brudergemeinde anzuzeigen – wegen des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener.

Wieland, 67, kommt 1960 zum ersten Mal in das Kinderheim Hoffmannhaus an der Zuffenhauser Stra?e. Er geht funf Jahre lang in Korntal zur Schule, verbringt dort die Nachmittage und kehrt abends nach Hause zuruck. „Wenn ich damals erzahlt hatte, was mir angetan worden ist, wer hatte mir geglaubt?“, fragt Wieland. Er meint den fast alltaglichen Missbrauch, die Misshandlungen und Demutigungen, die er nach eigenen Angaben in der Einrichtung der Evangelischen Brudergemeinde erlebt hat. „Ich habe sie jahrzehntelang in meine untersten Schubladen verbannt.“

Doch damit soll jetzt Schluss sein. „Wir wollen nicht mehr, dass die Angelegenheit unter den Tisch fallt“, sagt der 67-Jahrige. Die anderen ehemaligen Heimkinder nicken, als sich die Tur zum Polizeiposten offnet. Der Mann dahinter hei?t Andreas Rehmann und arbeitet fur die Kriminalpolizei in Ludwigsburg. Personalien werden aufgenommen, dann sollen die mutma?lichen Opfer nacheinander knapp die Sachverhalte schildern. „Wir werden die Anzeigen mit der gebotenen Sorgfalt bearbeiten“, sagt der Polizeibeamte – und zwar gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft in Stuttgart.

Ob die Strafanzeigen der ehemaligen Heimkinder Aussicht auf Erfolg haben, ist fraglich. Das Gesetz kennt in solchen Fallen Verjahrungsfristen zwischen funf und 30 Jahren. Die letzte Betroffene der sieben Anzeigenerstatter verlie? Korntal aber 1984. Wieland sagt dazu: „Eigentlich durfte sexueller Kindesmissbrauch nicht verjahren. Die Taten begleiten uns doch ein Leben lang.“

Die Gruppe ist dem ehemaligen Korntaler Heimkind Detlev Zander zuzuordnen, der die Missbrauchsfalle im Fruhjahr 2014 offentlich gemacht hat. Nach seinen Worten werfen inzwischen mehr als 300 ehemalige Heimkinder den Brudern vor, dass sie in den 50er bis 80er Jahren in Kinderheimen der Gemeinde sexuell missbraucht, misshandelt und gedemutigt worden sind. „Die Anzeigen sind eine Reaktion auf die schleppende und weder unabhangige noch betroffenenorientierte Aufklarung und Aufarbeitung der Brudergemeinde“, sagt Zander.

Der ehrenamtliche Vorsteher der evangelischen Freikirche, Klaus Andersen, sagte unserer Zeitung gestern Nachmittag, dass er den Unmut der mutma?lichen Opfer in Bezug auf den schleppenden Fortgang nachvollziehen konne. „Wir begru?en und befurworten daher jeden Hinweis, der der Aufklarung und Aufarbeitung dienlich ist“, so Andersen weiter. „Sollten polizeiliche Ermittlungen dies unterstutzen, so werden wir uns auch damit auseinandersetzen.“

 

 

 

 

 




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