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Missbrauch Uber Ortsgrenzen Hinweg?

By Franziska Kleiner
Leonberger Kreiszeitung
June 6, 2017

http://www.leonberger-kreiszeitung.de/inhalt.gewalt-in-einrichtungen-der-evangelischen-bruedergemeinde-korntal-missbrauch-ueber-ortsgrenzen-hinweg.e6097540-0b88-4041-b46d-ec5eca853a6d.html

Detlev Zander blattert in Fotos. Er hat vor drei Jahren die Vorfalle von psychischer und physischer Gewalt in Hausern der Brudergemeinde publik gemacht. Foto: dpa

Korntal-Munchingen - War es uber die Korntaler Ortsgrenzen hinaus bekannt, dass dort Kinder missbraucht wurden? Berichte von Betroffenen liefern Hinweise darauf, dass sexuelle Ubergriffe in den Einrichtungen der evangelischen Brudergemeinde vermutlich zumindest in der protestantischen Gemeinde im wenige Kilometer entfernten Ditzingen bekannt gewesen sind. Moglicherweise haben sich die Pfarrer daruber ausgetauscht.

Der langjahrige Pfarrer der Korntaler Brudergemeinde hat sich womoglich an Jungs vergangen, dies bestatigt inzwischen ein zweites mutma?liches Opfer. Sein Amtskollege in Ditzingen wusste vermutlich davon. Ein heute 67-jahriger Ditzinger, der anonym bleiben mochte, beschreibt diesen als robusten, mehr als hundert Kilo schweren Mann: „Er war ein Kumpeltyp.“ Allerdings sei er als Konfirmand im Fruhjahr 1964 von dem Seelsorger eindeutig zweideutig angesprochen worden. Sie seien sich gegenuber gesessen, plotzlich habe der Pfarrer die Hand auf seine gelegt und gefragt, ob er sich das, was ihm in Korntal widerfahren sei, auch mit ihm vorstellen konne. Damals sei er 14 gewesen. „Ich war nicht geschockt“, sagt der Mann, der auch heute nicht ausnahmslos schlecht uber den Seelsorger spricht. Schlie?lich sei es auch ein Vertrauensbeweis gewesen. Doch er habe nicht gewollt. Damit sei das Thema beendet gewesen, sowohl fur ihn wie fur den Pfarrer.

Pfarrer bittet den Jungen ins Pfarrhaus

Dieser hatte den Jungen vor dem Konfirmandenunterricht zu sich ins Pfarrhaus gebeten, angeblich, um mit ihm uber die anstehende Konfirmation zu reden. Dass er dann auf die Verhaltnisse in Korntal zu sprechen gekommen sei, habe ihn damals nicht gewundert. „Er wusste ja, dass ich in Korntal war.“

Weil der 14-Jahrige als schwierig galt, ging er in Korntal zur Schule und verbrachte die Freizeit dort im Kinderheim Hoffmannhaus. Abends und am Wochenende war er zuhause. Im Hoffmannhaus sei er mehrfach vom Hausmeister missbraucht worden. Auch wenn sich dies tief eingebrannt habe, habe er es damals nicht als Missbrauch empfunden, sagt der Ditzinger: Der aufkeimenden Lust und der Aufmerksamkeit wegen, die ihm der Hausmeister und eben auch der Ditzinger Pfarrer zuteil werden lie?, der spater als Lehrer nach Ludwigsburg ging.

Der Korntaler Hausmeister holte jedes Jahr mit dem Traktor und Heimkindern auf dem Anhanger in der Ditzinger Gemeinde des genannten Pfarrers die Erntedankgaben ab. „Wir machten das gerne“, erzahlt Detlev Zander, ein anderes ehemaliges Heimkind. Nicht nur der Fahrt wegen: „Die Apfel waren gut.“

Falle von Gewalt sind seit drei Jahren bekannt

Zander hat die Falle von psychischer und physischer Gewalt, die es seit den 1950er Jahren in den Hausern der evangelischen Brudergemeinde gab, vor drei Jahren publik gemacht. Nachdem diese Woche das ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ berichtet hatte, haben sich laut Zander weitere 26 Betroffene gemeldet. Wie viele Kinder in den Einrichtungen der Brudergemeinde Opfer von sexuellen Ubergriffen waren, erniedrigt und eingesperrt wurden, ist weiterhin unklar. Verlassliche Zahlen gibt es nicht. Doch nach dem Fernsehbericht gestand die Brudergemeinde erstmals ein, dass es sich in den Heimen um ein System der Gewalt gehandelt habe. Zuvor hatte sie von Einzelfallen gesprochen.

Zander sieht sich bestatigt: „Die vergangenen drei Jahre waren nicht umsonst.“ Die laufende Aufklarung kritisiert er dennoch. Er fordert ein Kuratorium, damit nicht mehr eine Juristin allein die Opfergesprache fuhrt, auch die Vorbeugung musse besser werden: „Keiner soll mit einer solchen Hypothek entlassen werden wie wir.“

 

 

 

 

 




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