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Ermittlungen Gegen Vatikan-finanzchef Wegen Verdacht Des Kindesmissbrauchs

Neue Zurcher Zeiting
June 29, 2017

https://www.nzz.ch/international/skandal-in-der-katholische-kirche-ermittlungen-gegen-vatikan-finanzchef-wegen-verdacht-des-kindesmissbrauchs-ld.1303419

Seit Jahren wehrt sich der hochste katholische Wurdentrager Australiens und die inoffizielle Nummer drei der Vatikan-Hierarchie gegen Vorwurfe des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Nun steht der Papst-Vertraute George Pell vor Gericht.

Der australische Kurienkardinal George Pell verlasst ein Treffen mit Opfern sexuellen Missbrauchs in Rom im Marz 2016. Die katholische Kirche hat jahrzehntelang Kindesmissbrauch durch Geistliche in Australien unter den Teppich gekehrt. (Archiv-Bild: REUTERS/Alessandro Bianchi)

Gegen einen der hochsten Wurdentrager der katholischen Kirche ist ein Ermittlungsverfahren wegen Missbrauchsverdachts eingeleitet worden. Die Vorwurfe richten sich gegen den australischen Kurienkardinal George Pell - Finanzchef im Vatikan und damit inoffizielle Nummer drei der Kirchenhierarchie. Wie die Polizei im australischen Bundesstaat Victoria am Donnerstag weiter mitteilte, muss Pell, ein Vertrauter von Papst Franziskus, am 18. Juli zu einer Gerichtsanhorung in Melbourne erscheinen.

Der 76-Jahrige ist Australiens ranghochster Kirchenvertreter und war vor seiner Versetzung nach Rom Erzbischof von Melbourne und Sydney. Anfang 2014 ernannte ihn Franziskus zum Leiter der neu geschaffenen Aufsichtsbehorde fur die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans, eine Art Finanzministerium.

Pell soll Jungen sexuell belastigt haben

Die australische Polizei fuhrte nicht naher aus, worum genau es bei den nun zu untersuchenden Vorwurfen gegen Pell geht. Allerdings gab es in der Vergangenheit Beschwerden uber angebliche Falle von Kindesmissbrauch wahrend seiner Zeit als Priester in Ballarat (1976 - 1980) und als Erzbischof in Melbourne (1996 - 2001). Pell wurde zur Last gelegt, damals mehrere Jungen sexuell belastigt zu haben.

Im Juli vergangenen Jahres erhoben zwei Manner direkte Missbrauchsvorwurfe gegen den Geistlichen, der sie in den 1970er Jahren in einem Schwimmbad unsittlich angefasst habe. Ein weiterer Mann berichtete, Pell habe sich in den 1980er Jahren vor Jungen in einem Umkleideraum am Strand entblosst.

Der stellvertretende Polizeiprasident des australischen Gliedstaates Victoria, Shane Patton, spricht auf einer Pressekonferenz uber das Ermittlungsverfahren gegen einen der hochsten Vertreter der katholischen Kirche in Australien, George Pell. (Bild: REUTERS/Joe Hinchliffe)

Der Kardinal wies die Vorwurfe mehrfach als «vollig unwahr und komplett falsch» zuruck, sprach gar von einer «Verleumdungskampagne». Im Oktober liess er sich dazu freiwillig im Vatikan vernehmen.

Nach der Pressekonferenz der Polizei am Donnerstag kundigte die Erzdiozese Sydney an, dass Pell schnellstmoglich nach Australien zuruckkehren werde, um sich vor Gericht «vehement gegen die Anschuldigungen zur Wehr zu setzen». Ausserdem werde der Kardinal am Morgen in Rom eine weitere Stellungnahme abgeben.

«Keine der gegen Kardinal Pell erhobenen Anschuldigungen ist bisher von einem Gericht uberpruft worden», betonte Victorias Vize-Polizeichef Shane Patton auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. Pell habe «das Recht auf einen fairen Prozess».

Mehrere tausend Opfer

Die Vorwurfe sind besonders heikel, weil Pell eingeraumt hatte, dass Australiens katholische Kirche uber Jahre hinweg den Missbrauch von Kindern heruntergespielt habe. Auch er selbst wurde dafur kritisiert, derartige Falle unter den Teppich gekehrt zu haben. Mittlerweile hat die Kirche an mehrere tausend Opfer als Ausgleich umgerechnet 276 Millionen Euro gezahlt.

Fur den Heiligen Stuhl kommt das Ermittlungsverfahren ausserst ungelegen. Papst Franziskus rief Ende 2014 innerhalb der Glaubenskongregation im Vatikan ein neues Gremium aus Kardinalen und Bischofen ins Leben, um die Aufarbeitung von Missbrauchsfallen und anderen schwerwiegenden Delikten in der katholischen Kirche zu erleichtern.

Ein Mitglied dieser Kinderschutzkommission des Vatikans bezeichnete Pell vor zwei Jahren als «unhaltbar» in der Funktion des Finanzchefs und nannte ihn mit Blick auf die Behandlung von Missbrauchsopfern «fast soziopathisch».

«Ich denke, es ist entscheidend, dass George Pell abtritt, dass er zuruck nach Australien geschickt wird und dass der Papst die hartesten Massnahmen gegen ihn ergreift», sagte Peter Saunders damals im australischen Fernsehen. Saunders - selbst Missbrauchsopfer - war von Franziskus in die Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfallen in der katholischen Kirche berufen worden.

 

 

 

 

 




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