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"Streben Nicht Nach Amtern"

Domradio
July 4, 2017

https://www.domradio.de/themen/vatikan/2017-07-04/jesuit-zollner-zur-rolle-seines-ordens-im-vatikan

Nach Papst Franziskus ist nun mit dem neuen Prafekten der Glaubenskongregation, Luis Francisco Ladaria Ferrer, eine weitere Spitzenposition im Vatikan mit einem Jesuiten besetzt. Das ist selbst Ordensbrudern nicht geheuer.

domradio.de: Sie sind Mitglied im Jesuitenorden. Das ist auch der Orden, dem Papst Franziskus angehort. Am Wochenende wurde bekannt, dass auch der neue Prafekt der Glaubenskongregation Jesuit ist. Welche Rolle spielt Ihr Orden im Moment im Vatikan? Eine ziemlich gro?e, oder?

Pater Hans Zollner SJ (Theologe, Psychologe, Jesuit und Angehoriger der papstlichen Kinderschutzkommission im Vatikan): Ja, im Moment spielen wir nominell eine ziemlich gro?e Rolle. Wir waren uber die letzten Jahrzehnte, man kann fast sagen Jahrhunderte, immer als Berater im Vatikan vertreten. Aber das hat sich immer mehr im Hintergrund abgespielt. Dass es jetzt zwei Leute sind, die an der Fuhrungsspitze der katholischen Kirche stehen, ist sehr au?ergewohnlich. Ich kann auch sagen, dass dies vielen von uns nicht geheuer ist.

domradio.de: Was steckt denn dahinter, dass es Ihnen nicht geheuer ist?

Zollner: Ignatius von Loyola (der wichtigste Mitbegrunder und Gestalter der spater auch als Jesuitenorden bezeichneten Gesellschaft Jesu, Anm. d. Red.) war schon zur Grundungszeit des Ordens gefragt worden, gute Leute in Fuhrungspositionen innerhalb der kirchlichen Hierarchie zu bringen, so dass sie Nuntius oder Bischof werden. Er hat es immer abgelehnt, weil unser Orden nicht nach solchen Amtern strebt. Aber wenn der Papst es will, dann mussen wir es auch so annehmen.

domradio.de: Nun ist am Wochenende die Amtszeit von Kardinal Gerhard Ludwig Muller als Prafekt der Glaubenskongregation abgelaufen und Papst Franziskus hat sie nicht weiter verlangert. Kardinal Muller hatte in der Vergangenheit den Papst in der Offentlichkeit kritisiert und moniert, dass Franziskus drei seiner Mitarbeiter entlassen habe. Offenbar schatzt der Papst kein illoyales Verhalten oder wie sehen Sie das?

Zollner: Der Papst hat in den letzten vier Jahren sehr viele Leute sehr viel Kritik au?ern lassen. Da gibt es genugend Beispiele dafur, dass er auch Leute, die nicht in allen Punkten auf seiner Linie sind, in ihren Positionen belassen hat. Aber offensichtlich sind irgendwann einmal auch bestimmte Grenzen erreicht und dann zieht er nach Uberlegung und Beratung seine Konsequenzen.

domradio.de: Wurden Sie sagen, er habe Kardinal Muller vor die Tur gesetzt?

Zollner: Ich glaube nicht, dass er ihn vor die Tur gesetzt hat. Nach funf Jahren war nun die Gelegenheit da, einen Wechsel vorzunehmen und das hat er gemacht. Die Amtszeit war sowieso regular abgelaufen. Er hatte das ja auch schon fruher tun konnen, aber er hat es mit dem Ende der Amtszeit gemacht. Kardinal Muller hat ja selbst in mehreren Interviews gesagt, dass der Papst offensichtlich vorhat, diese Funfjahresfrist, die fur alle Amter im Vatikan gilt, jetzt auch ofter anzuwenden.

domradio.de: Kardinal Muller war nicht erfreut daruber, dass drei seiner Mitarbeiter im Vorfeld entlassen wurden. Diese hatten auch uber den Papst gemeckert. Herrscht denn da nicht die Angst vor, dass man sehr schnell rausgeworfen wird, wenn man anderer Meinung ist?

Zollner: Bei diesen drei Mitarbeitern verhielt es sich ahnlich. Die hatten nicht nur die funf Jahre ihrer Amtszeit erreicht, sondern waren schon deutlich daruber hinaus. Sie wurden beispielsweise von einem Mitarbeiter ersetzt, der portugiesischer Muttersprachler ist - zum ersten Mal in dieser Sektion, die auch fur Disziplinarfragen zustandig ist.

Das Interview fuhrte Tobias Fricke.

 

 

 

 

 




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