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Bischof Voderholzer entschuldigt sich

By Von Dagmar Unrecht
Mittelbayerische
July 23, 2017

http://www.mittelbayerische.de/bayern-nachrichten/bischof-voderholzer-entschuldigt-sich-21705-art1544000.html

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat sich in seinem Hirtenwort zum Domspatzenbericht geäußert.
Photo by Armin Weigel

[Bishop Rudolf Voderholzer, the Regensburg bishop, dealed with the Domspatzen final report this Sunday in his pastoral letter and said he was horrified. Voderholzer said "Whoever reads these descriptions can only feel horror and sorrow." It is deeply distasteful and fills him with shame. He says further. "Dear fellow Christians, in the face of the above descriptions, I can only apologize in humility," the bishop said."

Regensburg.Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat sich in seinem Hirtenwort von diesem Sonntag mit dem Domspatzen-Abschlussbericht beschäftigt und sich entsetzt gezeigt. Zu den geschilderten Berichten der Betroffenen sagte Voderholzer: „Wer diese Schilderungen liest, kann nur Entsetzen und Betroffenheit spüren.“ Es mache ihn zutiefst zerknirscht und erfülle ihn mit Scham, heißt es in dem Hirtenwort weiter. „Liebe Mitchristen, angesichts der obigen Schilderungen kann ich nur in Demut um Entschuldigung bitten“, so der Bischof. Darüber hinaus dankte er Rechtsanwalt Ulrich Weber und sagte, es sei ein „sehr umfassendes, reich differenziertes und vor allem unabhängiges Werk“ entstanden.

Voderholzer zitiert Müller

Bischof Voderholzer zitiert in seinem Hirtenwort auch eine Aussage seines Vorgängers, des heutigen Kardinals Gerhard Ludwig Müller, aus dem Jahr 2010: „Den Opfern dieser Zeit, aber auch allen, die sich heute erst melden, gilt unser tiefes Mitgefühl. Ihrer Ehre und Würde schulden wir, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.“ Müller stand fünf Jahre der Glaubenskongregation im Vatikan vor, die auch für die Aufklärung von Missbrauchsfällen zuständig ist. Papst Franziskus hatte Müllers Amt Anfang Juli überraschend nicht verlängert.

Der ehemalige Regensburger Bischof wehrte sich gegen den Vorwurf, dass er bei der Glaubenskongregation die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen behindert hätte. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte Müller vor einer Woche in einem Interview in der „Passauer Neuen Presse“ aufgefordert, sich bei den Betroffenen für die „verschleppte Aufarbeitung“ zu entschuldigen. Auch Betroffene hatten Müller immer wieder vorgeworfen, die Aufklärung behindert zu haben.

Bischof Voderholzer betonte in seinem aktuellen Hirtenwort bezüglich der diözesanen Aufarbeitung, sein Vorgänger habe mit Bekanntwerden der Gewaltvorfälle mit der Schaffung entsprechender Strukturen für die Aufarbeitung reagiert. „Den eingehenden Hinweisen wurde nachgegangen“, so Voderholzer weiter. Personalakten seien durchsucht und Ergebnisse dokumentiert worden. Dieses Vorgehen mit Blick auf die Einzelfälle habe den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz entsprochen, heißt es dazu in dem Hirtenwort. Allerdings, so Voderholzer aus dem Abschlussbericht zitierend, sei dies „aus gesamtstrategischer Sicht jedoch, wie sich zeigte, nicht ausreichend“ gewesen.

Der Abschlussbericht von Ulrich Weber zeigt das große Ausmaß der Misshandlungen bei den Regensburger Domspatzen. Zwischen 1945 und Anfang der 1990er Jahre wurden Webers Bericht zufolge rund 500 Betroffene Opfer körperlicher Gewalt, die auch in der damaligen Zeit mit wenigen Ausnahmen verboten und strafbar war. In 67 Fällen kam es zu sexueller Gewalt. Die Dunkelziffer liege aber wohl höher. Die Vorschule der Domspatzen in Etterzhausen und Pielenhofen beschrieben die Opfer laut Weber als „Gefängnis“, „Hölle“ oder „Konzentrationslager“. Wer Regeln eines strengen und teilweise willkürlich ausgelegten Regelkatalogs brach, wurde bestraft. Fehlverhalten wurde aber auch in Form von Kollektivstrafen sanktioniert.

Dank für Aufklärungsarbeit

Bischof Voderholzer dankte in seinem Hirtenwort Rechtsanwalt Weber für „die geleistete Aufklärungsarbeit, so schwer die Erkenntnisse für uns auch erst einmal zu verdauen sind“. Den wichtigsten Beitrag hätten die Betroffenen geleistet, so der Bischof: „Ihnen gilt mein aufrichtiger Dank, dass sie sich trotz des erlittenen Leids an die Beauftragten des Bistums und vor allem an Herrn Weber gewandt haben.“ Bei Gesprächen mit einzelnen Opfern sei ihm schnell deutlich geworden, so Voderholzer weiter, „dass ein gemeinsames Vorgehen mit den Betroffenen, ein Hinhören auf ihre Erwartungen und Nöte ebenso wichtig ist wie ein unabhängiger Blick auf die Strukturen und Zusammenhänge“, so der Bischof.

„Wir sind Kirche“ kritisiert Müller und Ratzinger

Der Abschlussbericht zum Missbrauchskandal bei den Regensburger Domspatzen hat nach Ansicht der katholischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ Maßstäbe für die Aufklärung gesetzt. Daran sollten sich auch die anderen Bistümer orientieren, sagte „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner der Deutschen Presse-Agentur. Zur Kritik am früheren Regensburger Bischof Müller sowie am früheren Domkapellmeister Georg Ratzinger, dem Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI, meinte Weisner, die beiden ließen nach dem Abschlussbericht eine Geste der Aussöhnung vermissen. „Es würde dem Ansehen der katholischen Kirche sehr dienen, wenn Müller und Ratzinger ihr tiefes Bedauern über eigene Unterlassungen oder ihre damals falsche Einschätzung der Vorgänge ausdrücken würden.“ „Wir sind Kirche“ vermisst auch eine Stellungnahme des Trierer Bischofs Stephan Ackermann, den die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) 2010 zum Missbrauchsbeauftragten ernannt hatte. Erstaunlich sei auch, dass sich der DBK-Vorsitzende, der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx, zu dem Bericht nicht geäußert habe, sagte Weisner.




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