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Papst bittet Missbrauchsopfer um Vergebung

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August 16, 2017

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Papst Franziskus (80) mit Missbrauchsopfer und Buchautor Daniel Pittet (58) am 16. Juni 2016 im Vatikan
Photo by L'Osservatore Romano

Über vier Jahre hinweg wurde Daniel (auf dem Foto 10) von einem Kapuziner-Pater missbraucht

[Pope begs abuse victims for forgiveness.Daniel Pittet was just eight years old when he was raped by a Capuchin monk.Over the hell of his childhood and his path of liberation and forgiveness, the 58-year-old has written a book that makes one speechless. The special thing: No less than Pope Francis (80) has encouraged him. Moreover, in a preface, the Holy Father begs forgiveness for the crimes of priests. BILD prints it exclusively.]

Daniel Pittet war gerade acht Jahre alt, als er von einem Kapuzinermönch vergewaltigt und zu Porno-Aufnahmen gezwungen wurde. Über die Hölle seiner Kindheit und seinen Weg der Befreiung und Vergebung hat der heute 58-Jährige ein Buch geschrieben, das sprachlos macht. Das Besondere: Kein Geringerer als Papst Franziskus (80) hat ihn dazu ermutigt. Mehr noch: In einem Vorwort bittet der Heilige Vater um Vergebung für die Verbrechen von Priestern. BILD druckt es exklusiv.

Es ist eine große Herausforderung für die Opfer pädophiler Gewalt, das Wort zu ergreifen und davon zu berichten, was sie aushalten mussten, zu beschreiben, wie die traumatischen Erlebnisse von einst noch Jahre später sie quälen.

Aus diesem Grund ist das Zeugnis von Daniel Pittet so notwendig, so kostbar und so mutig. Ich habe Daniel Pittet im Jahr 2015, im Jahr des geweihten Lebens, im Vatikan kennengelernt.

Daniel war damals mit großem Eifer dabei, ein Buch mit dem Titel „Lieben heißt alles geben“ zu verbreiten. Für das Buch wurden Zeugnisse von religiösen Männern und Frauen, Priestern und Ordensleuten zusammengetragen.

Dass dieser so leidenschaftlich glaubende Christ ausgerechnet von einem Ordenspriester sexuell missbraucht worden war, konnte ich kaum fassen. Doch genau das berichtete er mir. Seine Leidensgeschichte hat mich tief bewegt. Ich habe begriffen, was für einen furchtbaren Schaden sexueller Missbrauch hervorruft und wie lang und schmerzvoll der Weg ist, der vor den Opfern liegt.

Ich bin froh, dass Daniels Zeugnis nun auch anderen Menschen zugänglich gemacht wird, damit wir alle begreifen, wie tief das Böse selbst in das Herz eines Dieners der Kirche eindringen kann.

Wie aber kann es sein, dass ein Priester, der sich Christus und seiner Kirche geweiht hat, an dem Punkt angelangt, so viel Unheil anzurichten? Wie kann es dazu kommen, dass dieser Mensch, dessen Aufgabe es doch ist, die Kinder zu Gott zu führen, ein solches Kind in einem – wie ich einmal gesagt habe – „diabolischen Opfer“ verschlingt, bei dem nicht nur das Kind ver letzt wird, sondern auch das Leben der Kirche?

Einige Opfer haben sich am Ende sogar das Leben genommen. Diese Toten lasten auf meinem Herzen ebenso wie auf meinem Gewissen und dem der gesamten Kirche. Ihren Familien möchte ich meine Liebe und meinen Schmerz zum Ausdruck bringen und sie voller Demut um Vergebung bitten.

Es handelt sich hier um eine absolute Ungeheuerlichkeit, eine schreckliche Sünde, die allem widerspricht, was die Kirche lehrt. Jesus richtet strenge Worte gegen diejenigen, die Kindern Leid zufügen: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde“ (Matthäus 18,6).

Wie ich in meinem Apostolischen Schreiben vom 4. Juni 2016 „Wie eine liebende Mutter“ gemahnt habe, ist es Aufgabe unserer Kirche, für die Schwächsten und Hilfsbedürftigsten Sorge zu tragen und sie zu behüten.

Ich habe erklärt, dass wir jenen Priestern, die ihre Mission verraten haben, mit der größten Strenge begegnen werden. Dies gilt auch für Bischöfe oder Kardinäle, wenn sie diese Priester – wie es in der Vergangenheit wiederholt geschehen ist – unter ihren Schutz gestellt haben.

In all seinem Unglück konnte Daniel Pittet gleichwohl auch eine andere Seite der Kirche für sich entdecken. Eine Seite, die es ihm ermöglicht hat, nicht an den Menschen und an Gott zu verzweifeln. Dies gilt zum Beispiel für die Kraft des Gebets, die ihn niemals verlassen und die ihn in seinen dunkelsten Stunden aufgerichtet hat.

Er beschloss, seinen Peiniger vierundvierzig Jahre später aufzusuchen und diesem Mann, der ihn bis in die Tiefe seiner Seele verletzt hat, in die Augen zu sehen – und seine Hand zu ergreifen.

Das verletzte Kind ist heute ein aufrechter Mann: verwundbar, aber aufrecht. Seine Worte haben mich sehr bewegt: „Viele Menschen können nicht verstehen, dass ich keinen Hass gegen ihn hege. Ich habe ihm verziehen und mein Leben auf dem Fundament dieses Verzeihens aufgebaut.“

Ich möchte mich bei Daniel bedanken, denn Zeugnisse wie seines machen es möglich, das bleierne Schweigen angesichts der Skandale und Leiden zu überwinden, bringen sie doch Licht in ein schreckliches Dunkel, das sich im Leben der Kirche verbirgt. Sie öffnen den Weg für eine angemessene Wiedergutmachung, einen Weg hin zur Gnade der Versöhnung.

Darüber hinaus tragen sie auch dazu bei, dass sich die pädophilen Gewalttäter über das schreckliche Ausmaß ihrer Taten bewusst werden.

Ich bete für Daniel und all jene, die wie er in ihrer Unschuld verletzt wurden. Gott möge sie wieder aufrichten und ihnen Heilung vergönnen. Möge er uns allen verzeihen und barmherzig sein.

 




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