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Erzbistum Munchen Beauftragt Externes Missbrauchs-gutachten

Frankenpost.de
February 27, 2020

https://www.frankenpost.de/region/bayern/Erzbistum-Muenchen-beauftragt-externes-Missbrauchs-Gutachten;art2832,7153387

Der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ringt im Missbrauchsskandal mit internen wie externen Kritikern. In seinem Munchner Erzbistum will Kardinal Marx nun mit einem neuen externen Gutachten fur mehr Aufarbeitung sorgen - auch bis in hochste Amter.

Kardinal Reinhard Marx bei einer Pressekonferenz. Foto: Federico Gambarini/dpa/Archiv

Nach massiver Kritik im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche weitet das Erzbistum Munchen und Freising seine Aufarbeitung der Falle aus. Ein neues externes Gutachten soll die Jahre 1945 bis 2019 untersuchen und anders als beim letzten Mal auch veroffentlicht werden. Die Prufung soll bis in die Kirchenspitze reichen.

Das Erzbistum unter Kardinal Reinhard Marx will bei entsprechenden Belegen auch Amtstrager in der Leitung klar benennen. «Das betrifft dann auch alle Erzbischofe, alle Verantwortungstrager in diesem Zeitraum ohne Unterschied», sagte Generalvikar Christoph Klingan am Donnerstag in Munchen.

Einer der Vorganger von Marx war von 1977 bis 1982 Kardinal Joseph Ratzinger, der heute emeritierte Papst Benedikt. «Wir haben mit den Vorgangern nicht daruber gesprochen», sagte Klingan.

Kritiker und Opfervertreter werfen der katholischen Kirche vor, die Aufarbeitung der Missbrauchsfalle seit Jahren nicht transparent und konsequent genug anzugehen. Das ist auch eines der sehr umstrittenen Themen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Kardinal Marx ist DBK-Vorsitzender, hatte aber erst kurzlich angekundigt, fur eine Wiederwahl Anfang Marz nicht mehr zur Verfugung zu stehen.

Vor fast zehn Jahren hatte Munchen als erste deutsche Diozese einen externen Bericht zu sexuellem Missbrauch und korperlicher Gewalt erstellt, der aber nie veroffentlicht wurde. Basis des neuen Gutachtens sollen die damaligen Ergebnisse sein sowie alle neuen Akten von 2010 bis Ende 2019. Die Prufung moglicher Tater wird von vor allem Klerikern ab 2010 auf weitere hauptamtliche Mitarbeiter ausgeweitet - ebenso auf fur das Erzbistum tatige Ordensleute.

Das Erzbistum Koln will Mitte Marz einen ahnlichen Bericht vorlegen. In beiden Fallen ist die Munchner Anwaltskanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl externer Gutachter. Sie erstellte auch den ersten Bericht fur Munchen im Jahr 2010.

Wann die Munchner Ergebnisse vorliegen, konnte der seit Jahresbeginn amtierende Klingan nicht sagen. «Die Kanzlei muss zunachst einmal das Aktenmaterial sichten, um eine belastbare Einschatzung zu geben.» Damit durfte es fruhestens 2021 soweit sein. Schon die erste Studie hatte klar gezeigt, dass viele Akten unvollstandig sind.

Fur den gro?en Missbrauchsbericht der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Herbst 2018 (MHG-Studie) waren deutschlandweit mehr als 38 000 Akten aus den Jahren 1946 bis 2014 untersucht worden. Danach wurden mindestens 3677 Minderjahrige von 1670 Klerikern missbraucht.

In Munchen und Freising gab es seit 2010 nach Angaben des Erzbistums zehn Strafanzeigen. In nur einem Fall sei eine Verurteilung erfolgt. In ganz Bayern sind fast alle Ermittlungen einer dpa-Umfrage vom Januar zufolge eingestellt worden. Die Grunde waren meist Verjahrung oder dass es nicht fur einen hinreichenden Tatverdacht reichte. 124 von 312 namentlich bekannten Beschuldigten waren langst tot.

Seit 2010 wurde im Erzbistum Munchen den Angaben zufolge an 46 Betroffene Geld als «Anerkennung des Leids» gezahlt - in aller Regel der Hochstbetrag von je 5000 Euro. Die aus Sicht von Kritikern unzureichend geklarte Frage der Entschadigung wird auch bei der DBK Anfang Marz Thema sein.

 

 

 

 

 




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