DEUTSCHLAND
Frankfurter Allgemeine
von JÜRGEN KAUBE
Wer die Mutter von Jorge Mario Bergoglio beleidigt, weiß jetzt, womit er zu rechnen hat. Wir formulieren „er“, weil wir mal nicht annehmen möchten, dass der Bischof von Rom eine Frau schlagen würde. Und wir sprechen seinen bürgerlichen Namen an, um dogmatische Komplikationen zu vermeiden, die sich aus der Wendung „Mutter des Papstes“ ergeben könnten. Auch als Papst Franziskus I. genießt Herr Bergoglio Meinungsfreiheit. Sie wird nicht eingeschränkt, wenn man feststellt, dass nicht recht durchdacht ist, was er gesprächsweise mitgeteilt hat. Wäre törichte Kommunikation nicht geschützt, brauchten wir deutlich mehr Richter.
Dennoch muss angesichts des Papstes, der bei todernstem Anlass nicht einmal ein neckisches Augenzwinkern scheut, offenbar nicht nur die Sache mit der anderen Wange in Erinnerung gerufen werden, sondern auch, wie es sich mit der rechtsstaatlichen Ordnung verhält. Denn in ihr, der aufgegeben ist, die Meinungsfreiheit zu sichern, hat nicht, wie er sagt, „jede Religion“ eine Würde, von der sie auch gleich noch selbst feststellen dürfte, wodurch sie verletzt wird. Sondern jedes Individuum. Darin steckt mehr Christentum als in familiären Ehrbegriffen. Und selbst wenn die Mütter von Individuen beleidigt werden – der Papst mag sich an den berühmten Fall Zidane erinnert haben –, fliegt mindestens vom Platz, wer daraus ein Recht zur Selbstjustiz zieht.
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