Vatican weakens German abuse law

VATICAN CITY (VATICAN CITY)
Badische Zeitung [Freiburg, Germany]

April 1, 2022

By Jens Schmitz

[Google translation is followed by original German text.]

Canon lawyers: Clergy congregation limits bishops’ powers / Pallottine decision “quite one-sided”.

Decisions by the Vatican Congregation for the Clergy in the “Ellen Adler” case weaken the abuse regulations of the Catholic German Bishops’ Conference (DBK) and make preventive measures more difficult. This emerges from two decrees that are now available to the BZ (see also the report of March 7). The handling of the cause causes criticism among canonists.

In the decrees, the clergy congregation rescinded preventive measures taken by the Dresden bishop Heinrich Timmerevers against two Pallottine fathers, although they expressly do not oblige Timmerevers to restore the good reputation of the main accused.

The Tübingen church law professor Bernhard Anuth bowed to the decision for the BZ about the clergyman: “In the present case, the congregation has documented that it is also willing to protect the supposedly good reputation of clergymen, to limit the competences of a diocesan bishop.” , he notes. The application of the DBK Abuse Code has been made more difficult in parts.

The Congregation also “rather one-sidedly” focused on contradictions in the statements of the woman concerned, but did not address contradictions in the statements of the accused in a comparable manner. “Unfortunately, this gives the impression that in Rome, even today, accused clerics are more likely to be believed than their alleged victims, and the congregation still tends to be clerical-friendly, i.e. possibly also perpetrator-friendly.”

The dispute over the Fathers has finally become a problem for the DBK. The two live and work in the Archdiocese of Freiburg. They are accused of sexually abusing a then 22-year-old GDR citizen in an emergency room procedure in 1990 or of having covered up her abuse. They deny the allegations. A conflict had arisen between the dioceses of Dresden and Freiburg.

In October 2020, after preliminary investigations, the Dresden bishop saw “actual indications of sexual abuse of a vulnerable adult” and, in accordance with the DBK Abuse Code, decreed that the priests in his diocese should not be assigned any pastoral care until they could prove their harmlessness. The order specifies options for this. With it, the DBK 2020 has committed itself to a uniform approach. However, due to differing assessments, Freiburg continued to allow the Fathers to be deployed in the archdiocese during the investigations and beyond.

The Congregation has now confirmed the validity of the abuse regulations, but lifted the preventive measures because “neither the sexual violence nor the need for protection of the woman concerned in 1990 has been proven”. Although it was about events in January or February 1990, Rome argued against the need for protection, especially with the end of the GDR in autumn 1990.

Canon law expert Anuth observes a paradigm shift: “Even if the bishop’s decree was not a punishment, but merely a preventive measure, the congregation appreciates the evidence as in a criminal trial and refers to the principle that applies there, ‘in case of doubt for the accused’.” While the plausibility of the crime was sufficient for preventive measures in the sense of the abuse regulations, the congregation now demands provability that can stand up to a court of law. “In doing so, it makes it more difficult for bishops to apply the Abuse Code to clerics who, although not convicted, the bishops responsible are convinced of their perpetration,” said Anuth. “In the future, clerics will be able to turn to the Congregation for the Clergy with good prospects of success, subject to the conditions imposed by their bishop.

The Congregation for the Clergy has not obliged Timmerevers to restore the good name of the main suspect, despite a request to do so. The case was known even before the Dresden preliminary investigation; “far-reaching measures” against the Father had been initiated. A threat to his reputation and prejudice can therefore be ruled out. It is unclear which “far-reaching measures” could be meant in the prehistory; so far only a ban on activities in houses of the Jesuits was known.

Objections to the decrees are possible, but the Bishop of Dresden has already declared that he will refrain from doing so. The Bamberg church lawyer Friedolf ​​Lappen, who represents the person concerned, has announced an appeal to the BZ, but complains that Timmerevers is withholding the current documents from him, despite his alleged willingness to help. “I am highly irritated.”

German text:

Vatikan schwächt die deutsche Missbrauchsordnung

Kirchenrechtler: Kleruskongregation beschränkt Bischofskompetenzen / Pallottiner-Entscheidung “recht einseitig”.

Entscheidungen der vatikanischen Kleruskongregation im Fall “Ellen Adler” schwächen die Missbrauchsordnung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und erschweren Präventionsmaßnahmen. Das geht aus zwei Dekreten hervor, die der BZ inzwischen vorliegen (siehe auch Bericht vom 7. März). Der Umgang mit der Causa sorgt unter Kirchenrechtlern für Kritik.

In den Dekreten hat die Kleruskongregation Präventionsmaßnahmen des Dresdner Bischofs Heinrich Timmerevers gegen zwei Pallottiner-Patres aufgehoben, wiewohl sie Timmerevers ausdrücklich nicht verpflichtet, den guten Ruf des Hauptbeschuldigten wiederherzustellen.

Der Tübinger Kirchenrechts-Professor Bernhard Anuth hat sich für die BZ über die Entscheidung zu dem Geistlichen gebeugt: “Die Kongregation hat im vorliegenden Fall dokumentiert, dass sie zum Schutz des vermeintlich guten Rufes von Klerikern auch bereit ist, die Kompetenzen eines Diözesanbischofs zu beschränken”, stellt er fest. Die Anwendung der DBK-Missbrauchsordnung sei in Teilen erschwert worden.

Die Kongregation habe zudem “recht einseitig” auf Widersprüche in den Aussagen der betroffenen Frau abgestellt, Widersprüche in den Aussagen des Beschuldigten hingegen nicht vergleichbar thematisiert. “So entsteht leider der Eindruck, dass in Rom auch heute noch beschuldigten Klerikern eher geglaubt wird als ihren mutmaßlichen Opfern, und die Kongregation nach wie vor tendenziell kleriker-, das heißt gegebenenfalls auch täterfreundlich eingestellt ist.”

Der Streit um die Patres ist damit endgültig zum Problem für die DBK geworden. Die beiden leben und arbeiten in der Erzdiözese Freiburg. Ihnen wird vorgeworfen, 1990 eine damals 22-jährige DDR-Bürgerin im Notaufnahmeverfahren sexuell missbraucht respektive ihren Missbrauch gedeckt zu haben. Sie bestreiten die Vorwürfe. Zwischen den Diözesen Dresden und Freiburg war es darüber zum Konflikt gekommen.

Der Dresdner Bischof hatte im Oktober 2020 nach Voruntersuchungen “tatsächliche Anhaltspunkte für einen sexuellen Missbrauch an einer schutzbedürftigen Erwachsenen” gesehen und gemäß der DBK-Missbrauchsordnung verfügt, dass den Patres in seinem Bistum kein Seelsorgedienst zugewiesen werden dürfe, so lange sie nicht ihre Unbedenklichkeit nachwiesen. Die Ordnung benennt dazu Möglichkeiten. Mit ihr hat sich die DBK 2020 zu einheitlichem Vorgehen verpflichtet. Aufgrund abweichender Einschätzungen ließ Freiburg den Einsatz der Patres in der Erzdiözese während der Untersuchungen und darüber hinaus aber weiterhin zu.

Die Kongregation hat die Gültigkeit der Missbrauchsordnung nun zwar bestätigt, die Präventionsmaßnahmen aber aufgehoben, weil “weder die sexuelle Gewalt noch die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Frau im Jahre 1990 bewiesen sind”. Obwohl es um Ereignisse im Januar oder Februar 1990 ging, argumentiert Rom gegen die Schutzbedürftigkeit vor allem mit dem Ende der DDR im Herbst 1990.

Kirchenrechtler Anuth beobachtet einen Paradigmenwechsel: “Auch wenn die Verfügung des Bischofs keine Strafe war, sondern lediglich eine Präventionsmaßnahme, würdigt die Kongregation die Beweislage wie in einem Strafprozess und verweist auf das dort geltende Prinzip ,im Zweifel für den Angeklagten‘.” Während bisher für Präventionsmaßnahmen im Sinne der Missbrauchsordnung die Plausibilität der Tat genügt habe, fordere die Kongregation nun gerichtsfeste Beweisbarkeit. “Damit erschwert sie Bischöfen die Anwendung der Missbrauchsordnung auf Kleriker, die zwar nicht verurteilt, von deren Täterschaft die zuständigen Bischöfe aber überzeugt sind”, so Anuth. “Gegen entsprechende Auflagen ihres Bischofs werden sich Kleriker künftig mit wohl guten Erfolgsaussichten an die Kleruskongregation wenden können, solange es für ihre Tat keine eindeutigen Sachbeweise gibt.”

Die Kleruskongregation hat Timmerevers nicht verpflichtet, den guten Ruf des Hauptbeschuldigten wiederherzustellen, trotz eines entsprechenden Antrags. Schon vor der Dresdner Voruntersuchung sei nämlich der Fall bekannt gewesen; es seien “weitreichende Maßnahmen” gegen den Pater veranlasst gewesen. Eine Gefährdung seines Rufes und eine Vorverurteilung seien mithin auszuschließen. Welche “weitreichenden Maßnahmen” in der Vorgeschichte gemeint sein könnten, ist unklar; bislang war nur ein Betätigungsverbot in Häusern der Jesuiten bekannt.

Gegen die Dekrete ist Widerspruch möglich, doch der Dresdner Bischof hat bereits erklärt, darauf zu verzichten. Der Bamberger Kirchenrechtsanwalt Friedolf Lappen, der die Betroffene vertritt, hat gegenüber der BZ Rekurs angekündigt, beklagt aber, dass Timmerevers ihm trotz vorgeblicher Hilfsbereitschaft die aktuellen Unterlagen vorenthalte. “Ich bin hochgradig irritiert.”

https://www.badische-zeitung.de/vatikan-schwaecht-die-deutsche-missbrauchsordnung